Essen. In Oberhausen tanzen derzeit Polanskis Vampire. Doch der Aberglaube kennt die Geschöpfe der Nacht schon viel länger. Auch Goethe, Lord Byrons Leibarzt oder Bram Stoker waren ihnen verfallen. Und Hollywood glaubt fest daran.
Mit großem Erfolg lässt derzeit Oberhausen die Vampire tanzen. Die Gestalten mit der nicht nur für Dentisten verblüffenden Zahnstellung und -länge sind natürlich keine pure Erfindung des Herrn Polanski. Nein, sie sind älter, viel, viel älter – und bekanntlich schwer totzukriegen.
Das wussten schon die alten Griechen, in deren Mythologie die durstigen Lamien ihr Unwesen trieben: Lamien (der Name leitet sich entweder vom griechischen Wort für Rachen oder aus dem Arabischen für Zerfleischen ab) waren vampirähnliche Bestien von betörender weiblicher Schönheit, die eifrig hinter dem Blut vorzugsweise gutaussehender junger Männer her waren.
Vampirähnliche Wesen geisterten (geistern zum Teil noch) auch in anderen Kulturen herum: In Westafrika, China, Albanien, auf den Philippinen, ja sogar im keltischen Schottland. Wobei im Volksglauben das Blutsaugen nicht unbedingt an erster Stelle stand; entscheidend war, dass der Vampir mehr oder weniger verwesungsresistent war und sein Grab verlassen konnte.
Wesen der Nacht
Unser westliches Bild vom Vampir ist vor allem genährt vom Aberglauben in Osteuropa. Jahrhundertelang glaubte dort das „einfache Volk” so felsenfest an die Existenz der unheimlichen Nachtwesen, dass 1755 der Leibarzt von Maria Theresia, Gerard van Swieten, nach Mähren geschickt wurde, um die angeblichen Vampirfälle zu überprüfen. (Die späteren Vampirjäger Van Helsing und Abronsius lassen grüßen!)
Mochte die aufblühende Wissenschaft die Welt noch so entzaubern – auch der Holzpflock der Aufklärung konnte dem Vampir nur bedingt etwas anhaben. Die Untoten – deren Name sich vom Ukrainischen „Upir” ableitet, was geflügeltes Wesen bedeutet – blieben als Mythos heiß diskutiertes Thema in den feinen Salons des 18. Jahrhunderts. Selbst Goethe widmete dem Vampir 1797 die Ballade „Die Braut von Korinth”, in der ein verstorbenes Mädchen ihre erste Liebesnacht mit einem jungen Mann verbringt und diesen dann zwar nicht aussaugt, aber immerhin mit ins Grab nimmt.
In Goethes Gedicht heißt es:
„Aus dem Grabe werd' ich ausgetrieben/ noch zu suchen das vermisste Gut/ noch den schon verlornen Mann zu lieben/und zu saugen seines Herzens Blut.”
Der literarische Siegeszug des Vampirs begann allerdings erst 1816. Damals verbrachten die Dichter Lord Byron, Percy, Mary Shelley und Byrons Leibarzt John Polidori einige Zeit am Genfer See und erzählten sich gegenseitig Grusel-Geschichten. Shelley schrieb daraufhin „Frankenstein”, Polidori die damals ebenso erfolgreiche Geschichte „Der Vampyr”. Dieses Treffen wurde übrigens im Film „Gothic” (Regie: Ken Russell, Darsteller: Gabriel Byrne, Julian Sands, Natasha Richardson) nachempfunden.
Richtig populär für die Massen wurde der Vampir allerdings durch den Schriftsteller Bram Stoker. Der ließ sich besonders von der historischen Figur des grausamen Regenten „Vlad III. Draculea” inspirieren, der in der Walachei dem Drachenorden angehörte.
Stokers „Dracula” von 1897 gab die Würze vor, von der seither fast alle Vampir-Romane und -Verfilmungen zehren: z. B. die Lust auf junge Mädchen und das fehlende Spiegelbild. Selbst Murnaus expressionistischer Horrorfilm „Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens” (1922) war eine nicht autorisierte Verfilmung von Stokers Roman.
Als Hollywood sich erstmals 1931 des Dracula-Themas annahm, wurde Bela Lugosi in der Titelrolle prompt zum Weltstar. Christopher Lee ging es zwei Jahrzehnte später nicht anders. Seitdem entwickelte sich die Vampir-Geschichte in Film, TV, Roman und Comic besonders in drei Bissrichtungen: Spannung/Action, Erotik sowie Humor/Satire (womit wir wieder bei Polanski wären, aber auch bei Mel Brooks' „Dracula – Tot aber glücklich” mit Leslie Nielsen).
Den besonders kultivierten Vampir führte 1976 die Schriftstellerin Anne Rice ein, deren Roman „Interview mit einem Vampir” später auch ein Kinoerfolg wurde. Kein Wunder, bei Tom Cruise und Brad Pitt als stylishe Blutsauger mit Langhaar und edlem Rokoko-Outfit.
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