Essen. . Rumpelstilzchen & Co gehen mit der Zeit. Das Aalto zeigt sie in einem charmanten Stück als Zeitgenossen mit Wehwechen. Ein Spaß für die ganze Familie.
Weihnachtszeit ist Märchenzeit. Weil aber auch Grimms Gestalten mit der Zeit gehen, haben Hollywood-Hypes und Pop-Allüren ihre Spuren hinterlassen. Das tapfere Schneiderlein hat Sprachstörungen, Schneewittchen ist berufsunfähig wegen Apfelallergie und Rumpelstilzchen muss wieder lernen, die Wut rauszulassen. Sie alle behandelt Marie-Helen Joël, Aalto-Sängerin und musikpädagogischer Tausendsassa, nun auf offener Bühne. „Die Märchenwelt zur Kur bestellt“ heißt ihr heiter-flottes Märchical, mit dem sie auch ein Rezept gefunden hat, wie man ein Opernhaus fürs junge Publikum und die leichte Muse öffnet, ohne Fließband-Entertainment zu zeigen.
Das Stück bietet beste Familienunterhaltung, ist aber nicht unbedingt ein Kindermusical. Ein Riesenvergnügen für etwas Kleinere ist vor allem die liebevolle Ausstattung mit Burgzinnen, Zauberwald und Rapunzels Zopf als Klingelband (Ausstattung Beta Kornatowska). Aber wenn der König nach einem bewusstseinserweiternden Pilzmahl die Pop-Ballade „I Believe I Can Fly“ anstimmt, lachen im Saal natürlich nur die Großen. Die sind auch musikalisch gut aufgehoben. Denn der Musical-erfahrene Maestro Heribert Feckler hat die strahlendsten Sterne des Pop-Universums vom „Yesterday“ der Beatles bis zu Abbas „Money, Money“ frisch aufpoliert und mit eigenem Material bestens zusammengefügt. Da rockt und swingt und sambat es, wenn das fünfköpfige United Rock Orchestra aufspielt. Und das Hippie-Aschenputtel (Christina Clark) hat den Blues, weil es lieber barfuß geht, aber ohne ihre High Heels doch keinen Prinz abkriegt.
Spielfreude in Strumpfbändern
Frank Winkels Rumpelstilzchen ist als ihr Tanzlehrer ein sanftes Raubein aus dem Bilderbuch. Und auch Tim David Hünings tapferem Schneiderlein hört und sieht man die Musical-Erfahrung an. Hochbeweglich juxt er sich mit verdrehten Redewendungen durchs Repertoire und knüpft, äh fädelt, nee, bandelt mit dem Kaiser ohne Kleider an (Henrik Wager), der in Unterhosen und Strumpfbändern als Running Gag über die Bühne stakst, weil doch keiner seine glitzernden Gewänder sieht.
Große Grimm-Show ist ein Familienvergnügen
So wird die große Grimm-Show zum Familienvergnügen mit Hintersinn und Ohrwürmern. Etwas Märchen-Grundwissen kann nicht schaden, auch wenn am Ende alles anders kommt. Schneewittchen brennt mit Rumpelstilzchen durch und gründet eine Kita. Die Froschprinzessin (stimmstark: Jana Stelley) schmeißt hin und wird Bettenaufschüttlerin bei Frau Holle. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie nach dieser munteren Märchen-Reha so noch eine ganze Weile weiter. Riesenapplaus. Termine bis 8. Januar. Karten: 0201-8122-200.