Essen. . Ein Kinofilm erzählt von einem musikalischen Traum.

Es gibt Menschen, die nicht singen können. Sie treffen einfach keinen richtigen Ton. „Madame Marguerite oder die Kunst der schiefen Töne“ ist ein französischer Kinofilm, der genau davon erzählt. Gleich zu Beginn sehen wir Zuschauer uns im Kreise einer guten Gesellschaft. Wir befinden uns auf einem Landgut etwa zur Mitte der 1920er-Jahre, und sehr bald wird die Herrin des Hauses, Marguerite Dumont, für einen wohltätigen Zweck die seltene Ehre eines persönlichen Sangesvortrags gewähren. Vorher dürfen noch junge Talente sich beweisen, dann betritt Marguerite schön kostümiert den Saal – es geht um Mozarts „Zauberflöte“ – und dann legt sie los. Was in den folgenden 90 Sekunden zu vernehmen ist, kann auch ernsteste Gemüter aus der Fassung bringen; es ist schlechterdings unmöglich, bei diesem schiefen Gesang nicht in Gelächter auszubrechen. Drei weitere Male wird Frankreichs schauspielerische Grande Dame Catherine Frot der Sangesstute die Sporen geben, und jedes Mal wird sie weniger lächerlich erscheinen. Denn dieser Film ist keine Komödie.

Marguerite Dumont ist keine historische Figur, wohl aber recht authentisch der amerikanischen Millionärin Florence Foster Jenkins nachempfunden, die in den 30er-Jahren auch die Carnegie Hall für ein Privatkonzert mietete. Aktuell steht Meryl Streep als Jenkins für Stephen Frears vor der Kamera; in einem Jahr kommt der Film in die Kinos. Bis dahin setzt der Franzose Xavier Giannoli einen beachtlichen Maßstab, denn sein Film bietet das sensible Porträt einer zwar schrulligen, aber absolut liebenswürdigen Person, deren Tragik es ist, dass ihre Gutherzigkeit schamlos ausgenutzt, ihre Schrulle hingegen hämisch verlacht wird. Um die anrührende Verletzlichkeit der Titelfigur weiß die Regie jedoch keinen gleichwertigen Film zu bauen. Aus dem opulenten Aufwand mit Kostümen und Dekors wird ein Zeit- und Sittenbild, zu mehr als einer hübschen Illustration reicht es aber nicht. Was auch daran liegt, dass es zwar eine Menge illustre Nebenfiguren gibt, sie aber allesamt nur oberflächlich gezeichnet sind. Das Gegenstück ist Catherine Frot in der Titelrolle – sie ist unbedingt sehenswert.

Wertung: Drei von fünf Sternen.