Duisburg. . Anne Teresa de Keersmaeker hat in Duisburg das Stück „Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“ auf die Bühne gebracht. Entstanden ist ein Zusammenspiel von Tanz, Schauspiel, Musik und Literatur.

Die Intendanten mögen wechseln, doch die Arbeiten von Anne Teresa de Keersmaeker gehören zum eisernen Bestand der Ruhrtriennale. Dabei überrascht die belgische Choreografin und Tänzerin mit ihrer Inspirationskraft immer wieder. So auch mit ihrer Umsetzung der Erzählung von Rainer Maria Rilke, „Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“.

Dass ausgerechnet die früh entstandene Geschichte des jungen Soldaten, der mit glühender Inbrunst gegen die Türken zu Felde zieht und den Heldentod stirbt, Rilkes erfolgreichstes Werk werden sollte und von etlichen Kriegstreibern des 20. Jahrhunderts missbraucht wurde, war Rilke nie geheuer. So „geschmacklos“, als das er das Frühwerk selbst bezeichnete, ist es allerdings nicht. Um es als Kriegspropaganda nutzen zu können, dafür enthält es zu viele Brechungen, Zweifel und feine Zwischentöne.

Und von denen fühlt sich die Choreografin angezogen. Zwei Tänzer, eine Flötistin und eine Videoleinwand reichen ihr, um die „Weise“ als Fiebertraum zu deuten, in dem alle Sphären verwischen: Lebenslust und Todessehnsucht, martialisches Selbstbewusstsein und weibliche Zartheit. Entstanden ist eine 75-minütige Produktion, in der ein Zusammenspiel von Tanz, Schauspiel, Musik und Literatur wirken soll. Doch gerade das gelingt nur teilweise.

Messerscharfe Trennung

Der Ablauf in der Gebläsehalle des Duisburger Landschaftsparks trennt die Genres zunächst messerscharf. In der kühlen, leeren, grau-weißen Dekoration vollzieht Michaël Pomero eine lautlose Tanzpantomime, der die Flötistin Chryssi Dimitriou mit fein zirpenden Klängen aus dem „Opera per flauto“ von Salvatore Sciarrino folgt. Danach ist die Leselust des Publikums gefragt. Ein Teil des Rilke-Texts wird auf die Video-Wand projiziert. Dann tritt Anne Teresa de Keersmaeker in Erscheinung und rezitiert zu abstrakten Tanzübungen die Kapitel der Erzählung. Die literarischen und tänzerischen Ebenen finden allerdings zu keiner zwingenden Einheit. Die Gattungen führen ein Eigenleben, die Musik ist schon längst völlig verstummt.

Eine dicke Prise Ratlosigkeit

Ist es auch in dieser den Krieg verharmlosenden Erzählung das Kolorit der Rilkeschen Sprache, das Keersmaeker inspiriert? Oder ist die Verbindung zwischen Text und Ausführung auf einer höheren Ebene zu suchen? Die Fragen bleiben offen, so dass die Produktion trotz hoher künstlerischer Qualität eine dicke Prise Ratlosigkeit hinterlässt.

Das Publikum reagierte mit starkem, aber kurzem Beifall.