Düsseldorf. . Premiere von William Shakespeares „Der Sturm“ am Düsseldorfer Schauspielhaus. Ernst Stötzner überzeugt als Prospero, der gestrandete Herzog von Mailand.

So ein handfestes Unwetter bricht immer urplötzlich los. Gerade noch war die Welt erfüllt von Musik – die Herren vom Mivos-Quartett haben ein kleines, feines Konzert auf die Bühne gezaubert. Mit einem Mal ist überall Geschrei. Es dringt aus jeder Ecke. Donner grollt, Wellen krachen. Dann steht da ein Mädchen am Abgrund. Es ist Miranda – sie sucht ihren Vater. Es gibt Shakespeare, und dies ist die Ruhe nach dem „Sturm“.

Prospero gab den Sturm in Auftrag

Der Vater ist Prospero, Mailands vertriebener Herzog, ein drahtiger weißhaariger Mann – das Mädchen seine Tochter, ein schönes Kind mit langen Locken, das man gleich beschützend in die Arme schließen möchte. Der Alte beruhigt sie. Er selbst gab den Sturm in Auftrag, der Zauberei kundig dank gescheiter Bücher und überirdischer Gesellen.

Schon ist man mitten im Zauberspiel, in Shakespeares letztem Werk, das er um 1611 verfasste. Drei Jahre später brannte sein Globe Theater ab. Fünf Jahre später war er tot. Natürlich geht es auch im „Sturm“ um Herrscher, die intrigieren, Morde planen. Nur dass sie hier nicht zum Zuge kommen. Am Ende steht eine neue Erkenntnis. Man muss verzeihen, weil das Leben zu kurz ist für den ganzen Hass.

Der großartige Ernst Stötzner

Mit Volker Hesse führt ein Altgedienter Regie; er arbeitete schon in den 80ern am Schauspielhaus. Vorerst überlässt er die Bühne dem großartigen Ernst Stötzner als Prospero und Klara Deutschmann, die ihm als Klara ebenbürtig ist. Prospero erzählt. Dass er vor zwölf Jahren vom Bruder Antonio vertrieben wurde und mit dem Kind auf die Insel kam. Hier leben sie nun, allein in einer Zauberwelt. Ariel erscheint, der Luftgeist und Prosperos Diener, seit dieser ihn befreite. Urs Peter Halter komplettiert das Spitzentrio. Sein Ariel ist wie ein junger ungestümer Hund, der rauft und sein Herrchen rempelt. Er hat das Unwetter entfacht, um Prosperos Feinde als Schiffbrüchige zu ihm auf die Insel zu bringen.

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Regisseur Hesse inszeniert im leeren Raum, dafür verlangt er der Bühnenmaschinerie alles ab: Böden verschieben sich, Abgründe tun sich auf und laufen voll mit Kunstnebel, der aus dicken Schläuchen quillt. Sirenengesänge ertönen, ein Geistersänger schraubt sich immer höher ins Falsett.

Wie Smeagoll aus den „Herrn der Ringe“

Faszinierend ist das, aber auch – sehr viel. Der Gipfel jedoch ist Caliban, Sohn der Insel, Prosperos Sklave – die Unkultur. Ein Marathon für Karin Pfammatter, die mit Lust züngelt, zischt und kriecht, eklig, schleimig, und nicht nur optisch erstaunlich nah dran an Smeagoll aus den „Herrn der Ringe“. Spätestens als Caliban auf die Diener Stephano (Heisam Abbas) und Trinculo (Andreas Helgi Schmid) trifft, hätte man sich etwas weniger Klamauk gewünscht – und etwas mehr von Alonso, dem angespülten König von Neapel, seinem Hofstaat und vor allem von Prospero.

Am Ende gehört dem Alten die Bühne. Miranda und Ferdinand, die Kinder der Feinde, sind verlobt, die Zukunft kann beginnen. Ariel wird in Freiheit entlassen. Prospero erhält sein Reich zurück. Dort wird er sich auf das Grab vorbereiten. Stötzner wirft den Zauberstab weg. Er hat vergeben, „denn unser kleines Leben ist von Schlaf umfasst.“ Und da ist sie endlich: Gänsehaut – für zwei Minuten.

Termine: Düsseldorfer Schauspielhaus