Köln. Die ersten Gastarbeiter kamen in den 60ern nach Köln. Heute prägen Migranten ganz Deutschland. Aber erst jetzt wird ein Einwanderungsmuseum geplant.
Farbenfroh ist es, das aus Stoffresten zusammengenähte Kleid einer Togolesin. Zehn Jahre lang lebte die Frau in deutschen Heimen, weil sie als politischer Flüchtling nicht anerkannt war. In ihrer westafrikanischen Heimat war sie Inhaberin einer Schneiderei gewesen, und als Schneiderin wollte sie auch in Deutschland wieder arbeiten. Im Vorgriff darauf nähte sie dieses Kleid.
Noch befindet es sich in einem Karton im vierten Stock des Bezirksrathauses Köln-Ehrenfeld. Doch wenn alles läuft wie geplant, soll es in einigen Jahren in einem zentralen deutschen Migrationsmuseum ausgestellt werden.
Mehr als 180 Nationen leben in Köln
Am Montag wurde in Köln der Startschuss für die Planungsstudie gegeben. 120.000 Euro stehen dafür zur Verfügung, die Hälfte kommt von der NRW-Stiftung. Mehr als 70.000 Objekte, Dokumente und Interviews sind auch schon beisammen. Gesammelt hat sie das "Dokumentationszentrum und Museum über die Migration in Deutschland" (DOMiD) in Köln, das wiederum aus einer kleinen Sammlung in einer Essener Garage hervorgegangen ist. Damals, vor 25 Jahren, interessierte sich noch kaum jemand für das Thema. So konnten sich die Pioniere zum Beispiel einen Lungenvolumen-Automaten aus Istanbul sichern, mit dem einst die gesundheitliche Verfassung auswanderungswilliger Türken getestet wurde.
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Das Bezirksrathaus Köln-Ehrenfeld ist umgeben von Teestuben, türkischen Supermärkten und Pizzerien. Allein in Köln werden heute mehr als 180 Nationen und 150 Religionen gezählt. Das alles ist im Wesentlichen eine Entwicklung von kaum mehr als 60 Jahren. Als in den 50er Jahren die ersten italienischen Gastarbeiter in die Stadt kamen, mussten sie sich ihr Olivenöl noch in der Apotheke besorgen. So war es auch in anderen deutschen Städten.
Deutscher Hirsch auf Perserteppich
"Migration hat einen Stellenwert wie sonst fast nur noch die Industrielle Revolution", sagt der DOMiD-Geschäftsführer Arnd Kolb. "Sie bestimmt unseren Alltag, unser Essen zum Beispiel oder auch, dass wir bei Sonne Stühle rausstellen. Es geht wirklich jeden an - nicht nur den, der selbst Migrant ist." Die Schirmherrin des Projekts, die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth, sagt: "Migration heißt Erneuerung."
Unter den DOMiD-Schätzen finden sich kulturelle Kreuzungen wie ein persischer Teppich, auf dem ein urdeutscher Hirsch röhrt. Fotos aus den 50er und 60er Jahren zeigen schwarzhaarige Männer, die am Straßenrand neben einem Mercedes posieren: "Der gehört mir!" scheinen sie suggerieren zu wollen.
Standort noch unklar
Es hat etwas Anrührendes, wie alle diese Dinge da in der Vitrine oder im Magazin liegen: Reisepässe, Flüchtlingsausweise, Koffer, Kochbücher mit Rezepten aus der Heimat. Ein Kicker, der einst in einem italienischen Internat in Stommeln bei Köln stand. Die Haube einer koreanischen Krankenschwester, die in den 1960er Jahren angeworben wurde, weil in Deutschland schon damals ein Pflegenotstand herrschte. Die meisten Besitzer dieser Dinge sind schon tot, doch ihre Habseligkeiten vermitteln auf ganz unmittelbare Weise, was der Schriftsteller Max Frisch 1965 so treffend formulierte: "Wir riefen Gastarbeiter und es kamen Menschen."
Der Standort des Museums ist noch unklar. "Wir wünschen uns natürlich, dass es nicht aufs platte Land kommt", sagt Kolb. "Es bieten sich Städte an, die auch durch Migration geprägt sind: Berlin, Frankfurt, Köln zum Beispiel." In zehn Monaten soll die Planungsstudie fertig sein - dann will man weitersehen. (dpa)