Mülheim.. Fast schon am Ende, jetzt mit kreativem Blick nach vorn. Das Theaterfestival „Impulse“ lebt, etwas schlanker, aber nicht weniger angesehen. Eine Begegnung mit Kurator Florian Malzacher.
Vor einem Jahr noch standen die „Impulse“, seit über zwei Jahrzehnten das bundesweit bedeutendste Festival der Freien Theater, auf der Kippe. Die Kunststiftung NRW hatte ihren Beitrag zum Etat des Off-Theatertreffens gestrichen. Der Deutsche Kulturrat setzte das Festival, das jahrelang erfrischend anderen Bühnenwind aus dem deutschsprachigen Raum in die Region zwischen Köln und Bochum gebracht hatte, auf die Rote Liste der bedrohten Kultur-Institutionen. Doch ein Engagement der Kulturstiftung des Bundes rettete das Festival, das seit 2013 vom Berliner Kurator Florian Malzacher geleitet wird.
Endlich wieder über Kunst reden
Malzacher hat weitere Veränderungen an dem Festival des Kultursekretariats NRW vorgenommen: Es wird künftig wieder alljährlich stattfinden, aber nicht mehr verteilt auf mehrere Städte an Rhein und Ruhr, sondern weitgehend konzentriert in einer. Den Anfang macht in diesem Jahr (vom 11. bis zum 20. Juni) Mülheim, dessen gleichfalls so gerade eben geretteter Ringlokschuppen der Austragungsort sein wird. Danach wandert das Festival dann in den kommenden beiden Jahren nach Düsseldorf (FFT) und Köln (studiobühneköln). „Es steht damit auf einem festen, zukunftsfähigen Fundament“, sagt Florian Malzacher, „und wir können endlich wieder über Kunst reden und nicht nur über Geld und Organisation.“
Die Impulse sind durch die Konzentration auf eine Stadt etwas schlanker geworden – aber nicht weniger beliebt bei der Freien Szene in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Es gab 330 Bewerbungen, davor werden nur etwa zehn angenommen. Welche, das will Florian Malzacher Anfang Mai bekannt geben – „wichtig ist für uns, dass sie klare, oft sehr unterschiedliche Handschriften haben“, sagt er: „Die Bandbreite des Freien Theaters soll sichtbar werden.“
Das Festival will diesmal nach dem Zusammenhang von Theater und Politik fragen: Wo und wie ist hier wie dort Teilhabe möglich, die über Mitmachen, Mitspielen, Mitlaufen hinausgeht? Es soll um Theater gehen, das sich in gesellschaftliche Prozesse einmischt, sich als politisches „Labor der Gegenwärtigkeit“ begreift.
Silent University Ruhr
Durch die Förderung der Bundeskulturstiftung stehen schon drei Programmpunkte fest, die eine internationale Vernetzung des Festivals vorantreiben sollen: Der kurdische Künstler Ahmet Ögüt verlegt sein erfolgreichstes Projekt nach Mülheim und begründet hier für zwei Jahre die „Silent University Ruhr“: Hier sollen Flüchtlinge und Asylsuchende unterrichten, die in ihren Heimatländern akademisch tätig waren und deren Abschlüsse nicht anerkannt werden. Die niederländische Theatermacherin Lotte van den Berg trägt ihre „Building Conversation“-Programmatik nach Düsseldorf und will eine Aufführung entwickeln, die jeden Tag einen neuen Blick auf die Stadt wirft. Der Brite Phil Collins schließlich richtet in Köln das Projekt „Busbahnhof“ ein: mit Studenten von dort und aus Ramallah bespielt er Busse mit Film und Ton.