Köln.. Mit 85 Jahren geht James Last auf seine letzte Tour – aber der Abschied vom Tourleben ist für ihn kein Abschied von der Musik.

Er sitzt in der Konrad-Adenauer-Suite des Dorint Hotels auf einem Sofa, das ihn fast verschluckt. Die Üppigkeit der Kissen lässt ihn noch zerbrechlicher wirken, als er ohnehin ist. Mit 85 Jahren ist der Bandleader und Erfinder des „Happy Sounds“ auf seiner letzten Tour. Bis Ende April führt sie ihn und sein Orchester durch 23 Städte in Deutschland, England, Frankreich und Österreich. Am kommenden Samstag gastieren sie in Oberhausen.

Ein Marathon-Programm. Aber eins, dem er sich durchaus gewachsen fühlt: „Ich mach zwar keinen Salto mehr auf der Bühne, aber wenn ich da stehe, dann ist es für mich dasselbe Gefühl wie damals. Die Krönung ist für mich jedes Mal, wie die Leute auf die Musik reagieren. Als stressig empfinde ich das gar nicht, im Gegenteil. Für mich ist das Spaß. Stressig kann nur etwas sein, das man nicht gerne macht. Und nervös ist man nur, wenn man sich nicht gut vorbereitet hat.“ Seine Musiker, darunter Gitarrist Peter Hesslein und Posaunist Detlef Surmann, mit denen er seit 40 Jahren zusammenspielt, sind für ihn wie eine Familie.

Bei dem Thema bekommen die blassen Wangen plötzlich Farbe und Last fängt Feuer: „Die Bühne ist unsere Wohnung. Hinterher sind wir alle noch ganz aufgedreht, nach so einem intensiven Drei-Stunden-Konzert kannst du nicht einfach so ins Bett gehen. Wir sind alle in einem Hotel untergebracht, sitzen hinterher immer noch zusammen in der Bar, auch mit den Fans, die dazu kommen. Das ist eine ganz lockere Runde, wir lachen viel und haben viel Spaß miteinander – da ist alles drin.“

Dem Tod von der Schippe gesprungen

Fans hat der Bandleader, der mit über 100 Millionen verkauften Tonträgern in 50 Jahren eine stolze Bilanz vorlegen kann, auf der ganzen Welt: „Da gibt es Familien, die sieht man seit Jahrzehnten immer wieder bei den Konzerten, inzwischen sind sie in der dritten Generation vertreten. Ganz besonders treu ist ein britischer Fanclub, die reisen überallhin mit, sogar bis nach China und Russland.“ Wird diese Tournee tatsächlich seine letzte sein? „Da bin ich nicht sicher, aber es wäre wohl angebracht.“ Im vergangenen Herbst ist Last noch einmal dem Tod von der Schippe gesprungen: „Ich wurde am Darm und an der Prostata operiert, da gab es Komplikationen, das war richtig knapp.“ Die 30 Pfund, die er verloren hat, hat er immer noch nicht wieder drauf.

Löst das Abschiednehmen bei ihm keine Wehmut aus? „Eigentlich will ich ja gar nicht aufhören – wir sind ein so toller Haufen und das zusammen durch die Welt Reisen macht nach wie vor riesigen Spaß.“ Wobei der Abschied vom Tourleben für Last kein Abschied von der Musik ist: „Das geht ja immer weiter. Es kommen jeden Tag Anfragen für meine Titel, ich arrangiere Stücke neu, und ich komponiere auch noch welche, wenn mir was einfällt.“ Rückblickend – vor 50 Jahren unterschrieb Last seinen Vertrag bei der Polydor und veröffentlichte im gleichen Jahr seine erste „Non Stop Dancing“-LP, auf der im Hintergrund Partygeräusche und Stimmen zu hören waren – bereut Last nichts: „Damals war das Partyzeit ohne Ende. Und das ist eigentlich bis heute so geblieben. Ich finde, man sollte viel feiern, man sollte leben, um zu leben. Eine Welt, in der es Musik gibt, ist eine gute Welt. Manchmal versuche ich sogar noch, zu tanzen. Worüber sich dann alle wundern: ,Wie? Der Olle tanzt noch?’“

Fan von Lady Gaga und Helene Fischer

Davon, ein Ewiggestriger zu sein, ist der, den seine Fans nicht mit seinem Künstlernamen James ansprechen, sondern „Hansi“ (nach seinem Vornamen Hans) nennen, weit entfernt. Er hat mit Jan Delay und Fettes Brot zusammen gearbeitet, Rapper Puff Daddy verliebte sich in sein Stück „Fantasy“. Auch das, was derzeit angesagt ist, entgeht ihm keineswegs. Der 85-Jährige outet sich als Fan von Helene Fischer: „Alle sagen immer, die macht viel zu viel Show, dabei stimmt das gar nicht. Sie ist ein tolles Mädchen mit einer ganz fantastischen Stimme.“ Und zollt gleich danach Lady Gaga Respekt: „Was die auf der Bühne bringt, ist brillant.“

Würde er heute irgendetwas anders machen? „Ich bin mir immer selbst treu geblieben und habe mich nie verbiegen lassen. Das sage ich auch immer jungen Musikern, wenn sie mich fragen, wie sie’s angehen sollen.“