Gelsenkirchen.. Georg Kreislers “Ein-Personen-Musical“ erntet Anerkennung im Kleinen Haus des Musiktheaters im Revier. Solo für Christa Platzer.

Lola rennt nicht. Schon gar nicht weg. Lola will nur tanzen und singen. Bis die grausame Wirklichkeit im Wien des Jahres 1938 die kleine jüdische Schauspielerin schlagartig einholt – sie muss fliehen. Das Musical „Heute Abend: Lola Blau“ ist voller Songklassiker aus der Feder von Georg Kreisler (1922-2011), statt Ohrwürmern gibt es also bissiges, ironisches Musikkabarett, das jetzt im Gelsenkirchener Musiktheater im Revier als Ein-Personen-Stück mit Christa Platzer über die Bühne geht.

Die Sängerin, Ensemble-Mitglied des Opernhauses und bereits vor Jahren mit einem großartigen Edith-Piaf-Abend erfolgreich, dokumentiert nun mit famoser Wandlungsfähigkeit, intensiver Darstellerkunst und passgenauer Stimmlage das bittere Scheitern einer gänzlich unpolitischen Figur in düsteren Zeiten. Betont zurückhaltend, fokussiert auf die Figur: die Regie von Sandra Wissmann.

Virtuose Begleitung am Klavier

In über 20 bitter-süßen, mal melancholischen, mal wütenden Songs spürt Platzer mit starker Bühnenpräsenz den Lebensstationen Lola Blaus von der Flucht nach Basel übers Exil nach Amerika bis hin zur Rückkehr ins Nachkriegs-Wien nach. Ist anfangs junges, naives Mädchen, dessen Träume noch in den Himmel wachsen, ist aber auch billiger Tingeltangel-Star in drittklassigen Hollywood-Etablissements. Und kehrt am Ende ohne Aussicht auf ein Engagement ernüchtert ins immer noch latent antisemitische Wien zurück.

Christa Platzer singt Kreisler-Songs wie „Im Theater ist was los“ oder „Sie ist ein herrliches Weib“, sie singt sie zärtlich und ruppig, virtuos und schrill, schneidend scharf gar, lotet komödiantische Ansätze und existenzielle Tragödie aus. Zum beeindruckenden Höhepunkt gerät am Ende das verzweifelt trotzige Vorsingen vorm Theaterdirektor, wenn sich Lola Blau mal im Stile einer Berliner Schnauze, mal als ungarische Gräfin oder als französische Grande Dame präsentiert. Großes Kino auf kleiner Bühne.

"Das gibt es nur in Gelsenkirchen"

Die, gestaltet von Britta Tönne, gibt mit ihren wenigen Versatzstücken als Künstlergarderobe der Schauspielerin Raum. Eine Hinterbühne mit Vorhang, Schminkspiegel, Sessel, dazu Dutzende Kostüme (Mark Pearson), die Lola in ihren unterschiedlichen Lebens-und Seelenlagen kennzeichnen.

Höchst virtuos und aufmerksam begleitet der Australier Thomas Rimes mal am Flügel, mal am Klavier.

Der Wiener Kreisler schneiderte 1971 seiner Frau Topsy Küppers, die mal am Gelsenkirchener Opernhaus engagiert war und es im Zorn verließ, die Lola auf den Leib. Heute passt die Lola Blau Christa Platzer – und der Stadt, über die Kreisler spottend dichtete „Das gibt es nur bei uns in Gelsenkirchen“.