Essen. Neu im Kino: Damien Chazelles „Whiplash“ ist ein Independent-Film fürs große Rampenlicht und schlägt mächtig Dramafunken. Dabei ist der Oscar-Kandidat vor alleim eins: ein Werbefilm für Egomanie.

Das Sundance Festival in den Bergen von Utah bietet in jedem Januar die Leistungsschau des unabhängigen US-Films und ist insofern auch der etablierte Zulieferer für die Oscar-Kategorie um den besten Film. In diesem Jahr ist Damien Chazelles „Whiplash“ der Independent-Film fürs große Rampenlicht und er schlägt mächtig Dramafunken. Der junge Schlagzeuger Andrew Neiman (stark: Miles Teller) hat einen Studienplatz am renommierten Shaffer-Konservatorium bekommen. Hier trifft er auf den Lehrer und Orchesterchef Terence Fletcher, der gefürchtet ist, weil er mit sehr eigenen Methoden das Beste aus Studenten herausholt.

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Auch Andrew bekommt das zu spüren, als Fletcher ihn ins Orchester lädt und dann vor allen bloßstellt, weil er das Tempo für eine aberwitzig schnelle Einspielung des Jazzstücks „Whiplash“ von Hank Levy nicht schafft. Fletchers Taktik stachelt aber Andrews Ehrgeiz an. Er übt wie ein Wilder und vernachlässigt die Kontakte zu seinem Vater und seiner neuen Freundin. Fletchers Zauberlehrling rückt immer mehr ins soziale Abseits.

Simmons dürfte der Oscar sicher sein

Wäre dieser Film beim Militär angesiedelt, wäre es ein Schleifer-Film, bei dem Kandidaten erst gebrochen und dann umso glorreicher zum Erfolg geführt werden. Tatsächlich wirkt „Whiplash“ mit seiner stählernen Durchhalte-Moral und der romantischen Seitenabfederung wie ein Remake von „Ein Offizier und Gentleman“, nur mit Schlagstöcken und Notenblättern.

J.K. Simmons spielt den Antreiber Fletcher als Genie von verschlagenem, nachtragendem Wesen derart charismatisch und verführerisch, dass ihm der Oscar als bester Nebendarsteller sicher sein dürfte. Nicht minder exzellent ist das technische Niveau im Bild- und Tonschnitt, wo die nervöse Anspannung zwischen Lehrer und Schüler in intensive Bildfolgen übersetzt wurde. Weniger schön ist es, wie Könnerschaft als sportliche Höchstleistung verkauft wird und der Virtuosität höherer Stellenwert eingeräumt wird als der Inspiration und dem Einfühlungsvermögen. Eigentlich ist es ein Werbefilm für Egomanie, und es wird getrommelt, bis die Finger bluten. Aber zum Kühlen steht – Cool! - ein Glas mit Eiswürfeln bereit.