Unna. . Das Zentrum für Lichtkunst in Unna hat zum ersten Mal den internationalen Lichtkunst-Preis vergeben. Gewonnen hat die Auszeichnung ein deutsch-österreichisches Künstler-Duo. Die Werke der Sieger sind noch vier Monate lang in Unna zu sehen.
Licht ist Welle und Teilchen in einem, eine verwirrende Gleichzeitigkeit. Als Trost erfanden die Physiker das Quantum und die Photonen. Aber wie schwer das Licht ist, lässt sich auch damit nicht klären. Es wurde also höchste Zeit, dass sich die Kunst der Frage annahm. Das Kölner Duo Martin Hesselmeier & Andreas Muxel hat das mit seinem Werk „Das Gewicht des Lichts“ getan, zwei parallele Doppel-Wellen aus LED-Streifen, fünf Meter hoch, auf denen das Licht Achterbahn zu fahren scheint, langsam rauf, schnell runter – und wieder zurück. Ein gut programmiertes Stück Illusionskunst, mit dem sich das deutsch-österreichische Duo gegen 28 Konkurrenten durchsetzte und den ersten „Internationalen Lichtkunstpreis“ gewann. Und wie schwer der ist, steht allemal fest: 10.000 Euro.
„Motor für Innovation“
Erfunden hat diesen Preis, der künftig alle zwei Jahre vergeben werden soll, das Zentrum für Lichtkunst in Unna zusammen mit der ungleich wohlhabenderen RWE Stiftung. „Für uns“, sagt deren Chef Stefan Muschick, „ist Lichtkunst nicht nur ein Ausdruck von Energie, sondern auch ein Motor für technische und soziale Innovation.“
Das gilt auch dann, wenn eine Lichtkunst-Installation im Wesentlichen aus Verkehrsampeln besteht, wie das beim Zweitplatzierten Iván Navarro der Fall ist. Der gebürtigen Chilene und Wahl-New Yorker bearbeitet mit „Traffic“ („Verkehr“), einem Riesen-Mobile aus insgesamt zwölf Verkehrsampeln, Traumata aus der Pinochet-Diktatur, in der er aufgewachsen ist. Es ist die Willkür von Ge- und Verboten, die hier zum Lichtspiel wird: die Ampeln zeigen, Rücken an Rücken, stets alle dieselbe Farbe, im wirklichen Straßenverkehrsleben würde das zu einem Chaos sondergleichen führen – eine Schein-Regelung, die am Ende doch wieder das Recht des Stärkeren durchsetzt. Aber: Wir können eingreifen, können das Mobile vorsichtig zum Schaukeln bringen und dann doch für ein Mal die Verhältnisse zum Tanzen.
Hirnströme zu Wandbeleuchtungen
Spätestens an dieser Stelle erweisen sich die schrundig-morbiden Kellergewölbe der alten Lindenbrauerei von Unna, in denen das Zentrum für Lichtkunst untergebracht ist, als echter Segen für eben diese Lichtkunst. Wie ungleich steriler würde eine Installation wie Navarros „Traffic“ in einem klassischen Museum vor weißen Wänden wirken.
Während der Lichtkunstpreis Ende Januar vor 400 Gästen im Haus der Berliner Festspiele als „International Light Art Award“ (garniert mit einem Vortrag des blitzgescheiten Kurzzeiterleuchters Peter Sloterdijk) verliehen wurde, sind die drei Gewinner-Werke jetzt noch vier lang Monate in Unna zu sehen.
Ein Reigen des Staunens
Also auch Dirk Vollenbroichs elektrisierende Installation „Enlightenment/Erleuchtung“: Das ist ein gemütlicher Sessel mit hoher Rückenlehne, in dem die Besucher Platz nehmen sollen, bevor sie ein kopfhörerartiges Messgerät aufsetzen. Das macht die Hirnströme – und damit auch die Bewusstseinszustände des vorübergehenden Sesselbesitzers sichtbar – sowohl auf einem Monitor in seinem Rücken als auch an der Wand gegenüber. Bei völliger Entspannung sieht sich der Proband, der darauf starrt, in ein tiefes Dunkelblau getaucht, bei zunehmender Nervosität und Ablenkung wird es immer weißer.
Sobald die Hirnströme aber auf einer Meditations-Frequenz funken, wird eine ultraviolette Ausleuchtung aktiviert, die ein leuchtstift-funkelndes Bild vom Universum auf der Brauereikellerwand sichtbar macht. Längst nicht jedem Besucher gelingt das (Tipp: Augen schließen und bloß nicht daran denken, dass man an nichts denken soll). Aber im Reigen des Staunens über die vielen Facetten der Lichtkunst in Unna, die nicht nur die Leichtigkeit des Lichts feiern, sondern auch seine kritischen Seiten reflektieren, ist das ein würdiger Schlusspunkt.