Essen. Nachdem dem Leak ihres neuen Albums veröffentlichte Björk „Vulnicura“ zwei Monate eher als vorgesehen. Der Sound weckt Erinnerungen an die Hochphase der Isländerin.

Alles war schon arrangiert: Neues Album, neues Buch und alles pünktlich zur Ausstellung im New Yorker Museum Of Modern Art, die Björks Karriere würdigen sollte, und dann in Ruhe 50 werden. Doch die Isländerin ist mehr als ihr halbes Leben im Geschäft und weiß, dass die besten Partys die spontanen sind. Also entschied sie sich kurzfristig, ihr neues Album "Vulnicura" einfach zwei Monate eher als geplant herauszubringen - die neun Titel ihres achten Studialbums kursieren schon seit Montag illegal im Netz.

Und die Musikwelt ist dankbar. Denn Frau Gudmundsdottir kehrt zu Songstrukturen zurück, die sie nach „Verspertine“ (2001) eigentlich verlassen hatte. Auf „Vulnicura“ stehen Gefühle, nicht Konzepte im Vordergrund. Es ist ein Album über Liebeskummer und bietet einen Querschnitt aus fast allem, was Björk groß machte: „Lionsong“ zeigt sich so filigran als wär’s von „Vespertine“; „Stonemilker“ wird so innig über warmen Streichern gesungen wie zuletzt „Joga“ 1997.

Mehr Electronica-Oper als Trip Hop

Vor allem die ausgetüftelten, elektronischen Beats sind wieder so präsent wie während ihrer „Homogenic“-Hochphase Ende der Neunziger. Auf weit ausgreifende Song-Expeditionen, die wie „Black Lake“, „Family“ und „Atom Dance“ auch mal acht Minuten und länger dauern können, verzichtet sie deshalb aber nicht. Mehr Electronica-Oper als Trip Hop, aber vor allem: mehr Björk. Besser hätte die Isländerin diese Quintessenz nicht timen können.