London. . Oscar-Kandidat und Frauenschwarm: Schauspieler Benedict Cumberbatch über Genies, die „Cumberbitches“ und seine Verlobungsanzeige.

In dieser Woche ist er als englisches Mathe-Genie Alan Turing in „The Imitation Game“ in unsere Kinos gekommen – eine Rolle, die ihn zum heißen Oscar-Favoriten werden ließ. Bekannt wurde Benedict Cumberbatch, 38, durch seine Rolle in der Sherlock-Holmes-Neuverfilmung fürs Fernsehen. Zum Interview rauscht er mit wehendem Tweed-Jackett ins Zimmer und wirkt wie ein englischer Edelmann auf Urlaub.

Mr. Cumberbatch, warum ging Ihnen die Alan-Turing-Rolle so unter die Haut?

Benedict Cumberbatch: Mich hat sein persönliches Schicksal so sehr berührt, dass ich zu Beginn der Dreharbeiten nach jedem Take weinen musste. Ich habe ihn regelrecht betrauert. Dieser Mann, der für mich eins der ganz großen Genies des 20. Jahrhundert ist, ist bis heute so gut wie unbekannt. Eigentlich gehört er im selben Atemzug mit Isaac Newton und Charles Darwin genannt. Und was hat er alles durchmachen müssen: eine traumatische Kindheit, sein Stottern, seine Homosexualität, die er nicht ausleben durfte, das Gefühl immer der Außenseiter zu sein – das hat mir schwer ans Herz gegriffen. Ich musste mich sehr zusammenreißen, um überhaupt weiterdrehen zu können.

Ist es schwieriger Menschen darzustellen, die tatsächlich gelebt haben, als fiktive Personen?

Cumberbatch: Nun, Sherlock Holmes zu spielen ist für mich auch manchmal zum Schreien schwer. Aber bei Menschen, die tatsächlich gelebt haben, nehme ich es besonders genau. Da versuche ich immer ganz und gar in diesem Menschen aufzugehen und seine Persönlichkeit so akkurat wie möglich auf der Leinwand abzubilden. Ich wollte Alan Turing gerecht werden. Das war ich ihm schuldig.

Und ein Genie zu spielen, wenn man selbst keines ist…

Cumberbatch: … ist natürlich die ultimative Herausforderung. Aber als Schauspieler werde ich ja nicht dafür bezahlt, so klug, so mutig oder so böse zu sein wie die Person, die ich darstelle, sondern dafür, dass ich sie glaubhaft verkörpern kann. (Lacht) Und wenn Sie es nicht überall herumerzählen: Als Schüler war ich Mathe furchtbar schlecht.

Sie scheinen einen Hang zu „Insel“-Persönlichkeiten zu haben: Sherlock Holmes, Alan Turing, Stephen Hawking, Vincent Van Gogh, Julian Assange…

Cumberbatch: … nicht zu vergessen den geklonten Supermann Kahn aus „Star Trek: Into the Darkness“. Ich weiß, dass das von außen so aussieht, aber ich suche mir meine Rollen wirklich nicht nach dem Intelligenzquotienten aus (lacht).

Wie erholen Sie sich da am besten?

Cumberbatch: Indem ich einfach nichts tue. Da liege ich oft bis mittags im Bett und frühstücke ganz lässig im Pyjama.

Ein heißes Sex-Symbol wie Sie kann nichts entstellen…

Cumberbatch: (lacht) Na, ich weiß nicht so recht… Ich – ein Sex-Symbol? Da kann ich nur lachen! Ich sehe schon viele Jahre so aus, wie ich eben aussehe und war bis vor kurzen noch nie auf der Titelseite eines Magazins oder auf einer dieser Sexiest-Man-Alive-Listen. Das ist doch alles nur Projektion.

Immerhin haben Sie einen weiblichen Fan-Club, der sich die „Cumberbitches“ nennt, also „Cumber-Schlampen“ und Ihnen angeblich überall hin nachreist…

Cumberbatch: (Lacht) Das ist wohl wahr. Allerdings finde ich den Namen höchst unpassend.

Aber vielen haben Sie vermutlich das Herz gebrochen, als Sie Ihre Verlobung mit Sophie Hunter in der Times bekannt gaben.

Cumberbatch: Kann schon sein, keine Ahnung. Und was die Verlobungsanzeige in der Londoner Times betrifft: dazu stehe ich. So macht man das in meinen Kreisen.

Dieses Jahr werden Sie als Hamlet auf der Bühne stehen und in der Marvel-Comic-Verfilmung Dr. Strange spielen. Was für ein Spagat! Wie machen Sie das?

Cumberbatch: Ach, das spielt meiner bipolaren Persönlichkeit ganz gut in die Karten. (Lacht) Allerdings muss ich gestehen, dass ich für den „Dr. Strange“-Film noch Marvel-Comics lesen muss. In meiner Jugend habe ich nur „Asterix“ gelesen.

Haben Sie eigentlich alle Sherlock-Holmes-Geschichten gelesen?

Cumberbatch: Nicht alle, aber die meisten. Und jedesmal bevor ich wieder mit dem Drehen einer neuen Staffel anfange, lese ich sie wieder exzessiv, damit ich wieder in den ganz besonderen Sherlock-Groove komme.