Münster.. Drei Tage Begeisterungssturm: Das Internationale Jazzfestival Münster feiert in seinem 36. Lebensjahr den 25. Geburtstag mit einem Kaleidoskop aktueller Klangfarben.
Diva oder Glückskind? Im 36. Lebensjahr das 25. Jubiläum zu feiern, ist schon etwas Besonderes. Aber das war das seit 1997 als Biennale stattfindende Internationale Jazzfestival Münster immer. Was haben wir schon Loblieder auf die von Fritz Schmücker souverän kuratierten Programme gesungen. Doch diesmal übertraf sich der Impresario selbst und präsentierte im längst ausverkauften Stadttheater ein Kaleidoskop aktueller Klangfarben, das keine Wünsche offenließ.
Andere Festivalmacher schwadronieren über Programmschienen, Schmücker lässt in diskreter Eleganz sein Publikum die von ihm kunstvoll gesponnenen roten Fäden selbst entdecken. Amerikanische Berühmt-und-teuer-Stars? Braucht er nicht. Jazz-Frauen? Hatte er reichlich im Angebot. Ein Porträt der aktuellen europäischen Jazz-Szene? Schüttelte Schmücker lässig aus dem Ärmel. Nostalgische Rückblicke? Gab’s nicht, weil sich Münster-Veteranen wie Jasper van’t Hof, der schon bei der Premiere 1979 dabei war, immer wieder neu erfinden. Was der holländische Tastenhexer im Trio mit dem Kölner Trompeter Markus Stockhausen und Drummer Patrice Héral in delikater Frische vorführte.
Unerhörte Energie
Natürlich kamen die Freunde des ferrariroten Steinways reichlich auf ihre Kosten. Unglaublich, mit welch reifer Virtuosität der blutjunge griechische Pianist Nikolas Anadolis, angefeuert von Trommel-Genie Jonas Burgwinkel, dem Trio-Format neue Konturen gab. Aberwitzig, wie der Vorarlberger David Helbock mit Sax-Mann Andreas Broger und dem gleichzeitig (!) Tuba und Trompete blasenden Johannes Bär alpenländische Folklore und US-Einflüsse zu hochintelligent brodelnden Klängen verschmolz. Was für ein Kontrast zum britischen Altmeister Keith Tippett, der im intimen Rahmen des Kleinen Hauses eine bezaubernd impressionistische Lehrstunde kammermusikalischer Improvisation am Flügel bot. Ein stiller Höhepunkt von rarer Schönheit und das vielleicht intensivste Erlebnis des Festivals.
Zu entdecken waren starke Frauen: die Saxofonistin Elin Larson aus Schweden und die englische Trompeterin Laura Jurd, dazu die Französinnen Céline Bonacina (Sax.) und Airelle Besson (Trompete) mit eigenen Bands und als packende Gegenspielerinnen ihres Landsmanns Didier Levallet. Das Essener Quartett „Camatta Monk“ mit faszinierenden, Piano-losen Neudeutungen des legendären Thelonious. Den Jungstar Marius Neset, der sich mit unerhörter Energie und kompositorischer Raffinesse anschickt, Jan Garbarek als größten norwegischen Saxofonisten abzulösen. Und natürlich alte Bekannte wie Vokalartist Michael Schiefel, neuer „Westfalen Jazz“-Preisträger, der bezaubernde Dialoge mit dem US-Vibrafonisten David Friedman servierte.
Gekrönt wurde das Wechselbad großer Gefühle, vom italienischen „Minafric Orchestra“, das mit Keith Tippett, Julie Tippetts und dem legendären südafrikanischen Drummer Louis Moholo Nelson Mandela ein klanggewaltiges Denkmal setzte, zum Abschluss eines Festivals, dem man nur gratulieren kann.