Essen. 27 Demo-Versionen zum kommenden Album „Rebel Heart“ gelangten auf ungeklärtem Weg vorab ins Internet. Eigentlich sollten sie im März erscheinen.

Man könnte es als böse Ironie betrachten, dass Musikdiebe Madonna zu Weihnachten gleich doppelt bestohlen haben: Bereits in der vergangenen Woche waren 13 bis dahin unveröffentlichte Songs der Popsängerin ins Internet gelangt – wohl die Demos für ihr kommendes Album „Rebel Heart“.

Madonna reagierte einerseits mit harschen Worten, schimpfte von „künstlerischer Vergewaltigung“, bemühte Terrorvergleiche – und musste nach berechtigten Protesten der Öffentlichkeit zurückrudern. Sie löschte ihre Äußerungen von der Netzplattform Instagram. Und sie veröffentlichte, wohl zur Schadensbegrenzung, sechs Songs des neuen Albums auf iTunes, darunter „Bitch I’m Madonna“, das sie zusammen mit der Rapperin Nicki Minaj aufgenommen hatte.

Sechs Songs als Vorgeschmack

Während der Weihnachtsfeiertage jedoch gelangten noch einmal 14 Songs ins Netz, auch diese mutmaßlich Demos, darunter eine Zusammenarbeit mit „Happy“-Sänger Pharrell Williams. Zum erneuten Vorfall äußerte sich Madonna nicht direkt, auf ihrer Instagram-Seite war lediglich der Satz zu lesen: „Der Weihnachtsmann kam dieses Jahr zu früh. Gute Dinge kommen zu de­nen, die warten können.“ Sicherlich eine Anspielung auf die unfertigen Songs.

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Ursprünglich sollte das Album „Rebel Heart“ am 10. März erscheinen, jedoch rechnen viele nun mit einer vorgezogenen Veröffentlichung. Die sechs vorab veröffentlichten Songs enthalten mit „Bitch I’m Madonna“ und „Illuminati“ recht synthetische Dancefloor-Töne, aber auch die gefühlvolle, auf Madonnas Stimme zurechtgeschnittene Ballade „Ghosttown.“

Kommentar: Mehr Respekt für Künstler, bitte!

Wr leben ja schon seit Längerem in einer Ära, in der geistiges Eigentum nicht mehr respektiert wird. Es ist schon Lady Gaga und U2 passiert, dass ihre Songs vorab ins Netz gestellt wurden. Der Fall Madonna erscheint aber besonders absurd: 27 Songs haben die Musikdiebe erbeutet, schätzungsweise doppelt so viele, wie am Ende auf dem Album gelandet wären, der ganze Bodensatz des künstlerischen Schaffensprozesses ist also dabei.

Wenn Madonna von einer „künstlerischen Vergewaltigung“ und Terror spricht, ist ihre Wortwahl zu drastisch. Dennoch darf man von Vandalismus und „künstlerischer Entmündigung“ sprechen. Schließlich gehört zu einem solchen Album auch, dass der Künstler entscheidet, wann und in welcher Form das Publikum seine Arbeiten präsentiert bekommt. Der Vergleich ist vielleicht ein bisschen überzogen, aber man stelle sich vor, man hätte aus Michelangelos Werkstatt den Block mit einem halbbehauenen David gestohlen – und ihn auf dem Wochenmarkt in Florenz gestellt. Das Meisterwerk wäre unbeachtet geblieben. Michelangelo hätte wohl mehr Respekt verdient. Madonna übrigens auch.