Essen. Jetzt stimmt er seine eigenen Schlager zur E-Gitarre an: Volksmusik-Barde Heino schlüpft auf „Schwarz blüht der Enzian“ in diverse Rock-Kostüme
Das massivste Problem jeder Jugendkultur ist von jeher ihre Vereinnahmung durch die Massen. Plötzlich fehlen die Feindbilder, die Abgrenzungskriterien weichen auf, es gibt nichts mehr, wogegen man rebellieren könnte. Was sich prima am Phänomen Heino ablesen lässt, der nun mit „Schwarz blüht der Enzian“ schon seinen zweiten Vorstoß in einstmals jugendlich besetztes Terrain wagt.
Das erste Album war noch ein Streifzug durch die deutsche Chartslandschaft, mit Songs von den Ärzten und Clueso, Peter Fox und Rammstein, deren Song „Sonne“ Heino interpretierte – was ihm einen Auftritt an der Seite von Till Lindemann im Metal-Mekka Wacken einbrachte.
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Weil die bierseligen Schwermetaller bei aller zur Schau gestellten Härte immer für einen guten Gag zu haben sind, jubelten ihm die Massen zu, was dem beinahe 76-Jährigen eine neue Zielgruppe offenbarte. „Schwarz blüht der Enzian“ garniert nun vor allem bekannte Volksmusik-Hits mit einem Metal-Brett im musikalischen Gewand der „Neuen Deutschen Härte“. Was nicht einer gewissen Ironie entbehrt, weil Rammstein und manch anderen Bands des Genres wie Eisbrecher oder Megaherz eine volksliedartige Schlagerhaftigkeit nachgesagt wird.
Heino zieht sein Ding durch – trotz Kritik
Wer nun in das Liedgut von „Schwarzbraun ist die Haselnuss“ hineinhört, das mit einem betont harmlosen Intro beginnt und dann die Gitarrensalven im Stakkato abfeuert, wird feststellen, dass die nachgesagte Verwandtschaft tatsächlich existiert.
Heino rockt
Wodurch sich in mehrfacher Hinsicht der Satz belegen lässt: „Alle machen Musik, es kommt nur darauf an, wie man sie verkauft.“ Doch Heinos musikalische Gewandung gleicht eher einem musikalischen Karneval, bei dem er in verschiedene Kostüme schlüpft. So erinnert seine neue Version von „Hoch auf dem gelben Wagen“ nicht ganz zufällig an den Tote-Hosen-Hit „Tage wie diese“.
Dass Heino zu Beginn und zum Ende die bluesige Rechtfertigungs-Ballade „Jetzt erst recht“ singt, wäre doch gar nicht nötig gewesen. Denn dass Heino „sein Ding“ durchzieht und sich an Kritikern kaum stört, sieht man ja schon daran, dass das Album überhaupt erschienen ist.