Essen. . Museumsdirektor Tobia Bezzola will die renommierte Lese-Reihe „Literatur im Folkwang“ in aller Stille beerdigen. Für die Veranstalter, den „Schreibheft“-Herausgeber Norbert Wehr und die Buchhändlerin Beate Scherzer, ist es ein „Skandal“. Vor allem, weil Bezzola sie monatelang hingehalten habe.

Die älteste, renommierteste Lesungs-Reihe der Region hat vor über zwei Jahrzehnten im Museum Folkwang begonnen, als Norbert Wehr, Herausgeber der Literaturzeitschrift „Schreibheft“, erste Dichter-Gastspiele organisierte. Die Reihe war zwischendurch im Essener Grillo-Theater zu Gast, brachte Nobelpreisträger wie Günter Grass, Imre Kertesz und Herta Müller ins Revier und kehrte vor fünf Jahren als „Literatur im Folkwang“ ins Museum zurück, zuletzt mit Autoren wie der Büchner-Preisträgerin Sibylle Lewitscharoff, Cees Nooteboom oder Wolf Wondratschek. Doch nun steht die Reihe vor dem Aus. Jedenfalls im Folkwang.

Dessen Direktor Tobia Bezzola will die von seinem Vorgänger Hartwig Fischer begonnene Zusammenarbeit mit Norbert Wehr und der Buchhändlerin Beate Scherzer stoppen. Ihm geht es um die 12 000 Euro jährlich, mit der die Alfred und Cläre Pott-Stiftung die „Literatur im Folkwang“ unterstützte. Ohne private Mittel sei die Sammel-Aufgabe des Museums nicht mehr zu erfüllen, sagt Bezzola. Mit dem Vorsitzenden der Stiftung, Klaus Liesen, sei er übereingekommen, die Gelder wieder für Kunstankäufe einzusetzen.

Der ausgemachte „Skandal“ liegt für „Schreibheft“-Herausgeber Norbert Wehr, der für seine Arbeit mit dem Literaturpreis Ruhr ausgezeichnet wurde, vor allem im Verhalten Bezzolas: Er habe die „Literatur im Folkwang“-Veranstalter monatelang über seine Absichten im Unklaren gelassen. Seit einem Jahr habe man sich um eine Vertragsverlängerung mit der Alfred und Cläre Pott-Stiftung bemüht und positive Signale für die weitere Unterstützung der Lese­reihe bekommen. Zuletzt habe man sogar über eine Erhöhung der Förderung auf 20 000 Euro pro Jahr geredet. Doch vor wenigen Tagen erst hätten Wehr und Beate Scherzer erfahren, dass Bezzola den erforderlichen Antrag bei der Stiftung nicht gestellt habe. Nun sei es zu spät, einen neuen Veranstaltungsort zu finden, an dem man die Reihe ab Anfang 2015 fortführen könne.