Essen..

Das Autokino Essen: Hier laufen nicht nur seit den 1960er Jahren Kinofilme auf der überdimensionalen Leinwand. Auf diesem Platz wechselten in den letzten knapp 30 Jahren auch zig tausende Autos ihren Besitzer.

1974 begann die Autoprivat GmbH aus Starnberg an Sonntagen in den Autokinos der größeren deutschen Städte wie Berlin, Stuttgart und Essen so genannte Automärkte zu veranstalten. Hier konnten Verkäufer gegen Bezahlung von 18 DM ihr Auto zum Verkauf anbieten. Interessierte Autokäufer zahlten 2 DM Eintritt. Bei der Einfahrt auf das Autokinogelände bekommt der Verkäufer ein großes Verkaufsschild, auf dem er in vorgegebenen Feldern die Daten seines Autos eintragen musste (Hersteller, Typ, Baujahr, PS, Laufleistung und Preis).

Europas größter Autokino-Verkaufsmarkt entwickelte sich in Essen-Bergeborbeck. In den 1970er und 80er Jahren fand hier ein reger Handel von Privat an Privat statt. Autohändler versuchten zwar immer wieder auf dem Autokino Essen, so der gängige Name, ihre Fahrzeuge zu verkaufen, jedoch gelang es dem Veranstalter, dieses einzudämmen. Die Lösung: Jeder Anbieter, der mit sogenannten roten Nummernschildern auf das Gelände fuhr, musste eine Erklärung unterschreiben, dass es sich hier um einen Privatverkauf handeln würde.

Denn das Interesse der Händler, hier ihre Autos anzubieten, war groß – amen doch in den 80ern Jahren, der Blütezeit des Automarktes auf dem Essener Autokino, immerhin rund 15 000 Besucher zu den sonntäglichen Märkten. In dieser Zeit besuchten viele südländische Mitbürger das Autokino, um sich dort einen fahrbaren Untersatz für ihre jährliche Reise in ihr Heimatland zu kaufen. Insbesondere die Modelle „Granada“ (PKW) sowie „Transit“ (Kleinbus) aus dem Hause Ford waren damals sehr gefragt, die ihr zweites Leben dann auf dem sogenannten Autoput Richtung Jugoslawien oder Türkei und zurück verbrachten.

In dieser Zeit standen auch viele Händler, die günstige Gebrauchtwagen für ihren Verkaufsplatz suchten, an den Ampeln rund um das Autokino, um dort Autofahrer, die offensichtlich auf dem Autokino ihren Wagen verkaufen wollten, schon vorher abzufangen. Vor allem an der Kreuzung Bottroper Straße / Sulterkamp standen immer viele, meistens südländische, Autokäufer. Rund um das gesamte Gelände des Autokinos war damals kaum ein Parkplatz zu finden.

Es waren riesige Besucherströme, die sich jeden Sonntagmorgen in Richtung Essener Autokino bewegten. Denn wer sein Auto am Samstag über eine Zeitungsannonce in der WAZ nicht losgeworden war, fuhr dann am Sonntagmorgen mit seinem Wagen zum Autokino, um dort sein Glück zu versuchen. Viele, vor allen Dingen Fahrzeuge aus den unteren Preissegmenten, wechselten damals auf dem Gelände des Autokinos Essen ihren Besitzer. Mit der Ostöffnung zu Beginn der 1990er Jahre änderte sich das Publikum auf dem Autokino Essen. Jetzt waren es vornehmlich Autohändler aus Osteuropa, häufig aus Litauen, die sich am Essener Autokino mit Gebrauchtwagen für ihr Heimatland eindeckten.

Diese Zeit wurde begleitet durch massive Proteste der dort lebenden Anwohner wegen campierender osteuropäischer Autohändler, zugeparkter Wohnsiedlungen und langer Schlangen von übers Wochenende abgestellter großer Autotransporter. Dadurch wurde das normale Leben der Anwohner rund um das Autokino in Bergeborbeck massiv eingeschränkt. Im Umkreis um das Autokino gab es damals viel Kriminalität. Gewalt, Überfalle, Betrug, Falschgeld, die berühmten Hütchenspieler - alles Problemfälle, die aus der Welt geschaffen werden mussten. Aber nicht nur rund um den „Autobasar“, sondern auch auf dem Platz lief nicht alles sauber: Viele gestohlene Autos und Zubehör wurden den Interessenten angedreht.

In langen Gesprächen mit allen Beteiligten gelang es der Essener Stadtverwaltung, das Problemfeld „Autokino“ in den Griff zu bekommen. So wurde der „Markttag“ von Sonntag auf Samstag verlegt, eine Zulassungsstelle für Auto An- und Abmeldungen eingerichtet, sowie ein massives Parkverbot rund um das Autokino eingerichtet. Auch wurde das Übernachten im Fahrzeug untersagt. In den letzten Jahren gab es eine abermalige Wandlung der Verkaufsgeschäfte auf dem Essener Autokino. Heute werden dort im wesentlichen Autos unter Autohändler gehandelt. Dieses Geschäft ist größtenteils in libanesischer und türkischer Hand. Privatverkäufer verirren sich nur noch selten zum Verkauf ihres Autos zum Autokino.

Der größte Teil der dort angebotenen Autos hat ein rotes Händlerkennzeichen oder steht dort ganz ohne Nummernschild. Immerhin werden jeden Samstag 1000 bis 1500 gebrauchte PKWs von ungefähr 4000 Besuchern aus ganz Europa begutachtet. Dabei wechseln fast 40 Prozent der Autos den Besitzer. Heute zahlen Privatverkäufer 25 Euro für das Anbieten ihres Fahrzeugs auf dem Platz, Autohändler müssen dafür immerhin 43 Euro berappen. Kaufinteressenten zahlen 3 Euro Eintritt.

Es hat sich also im Laufe der Jahre nicht nur einiges bei den Besuchern und im Umfeld des Autokinos geändert, sondern auch die die Eintrittspreis haben sich massiv nach oben bewegt. Aber das Leben geht weiter - auf dem größten Auto-Verschiebebahnhof Europas.

Lucas Steffen, Klasse: 8d, Carl-Humann-Gymnasium