Der Schauspieler und Umweltschützer Hannes Jaenicke hat sich für einen Film lange mit den Tieren beschäftigt. Sie sind vom Aussterben bedroht.

Meeresschildkröten sind ganz besondere Tiere. Seit 150 Millionen Jahren leben sie schon auf der Erde. Das bedeutet, es gab sie schon zur Zeit der Dinosaurier. Wie sie Nachwuchs bekommen, ist ebenfalls ungewöhnlich: Das Weibchen kommt an Land und legt Eier in ein selbst gegrabenes Loch am Strand. Dann verschwindet es wieder im Meer. Nach vielen Wochen schlüpfen die Babys und kämpfen sich durch den Sand ins Wasser.

Das ist ein gefährlicher Zeitpunkt im Leben der Tiere, denn die kleinen Meeresschildkröten sind völlig schutzlos. Seevögel, Geier oder Krebse lauern ihnen auf. Nur etwa eins von 1000 Tieren schafft es ins Erwachsenenalter.

Der Schauspieler und Umweltschützer Hannes Jaenicke hat sich für einen Film monatelang mit den Meeresschildkröten beschäftigt. Alle sieben Arten sind vom Aussterben bedroht. Im Interview erzählt er von seinem Einsatz für den Tier- und Umweltschutz und von den Dreharbeiten.

Wie alt waren Sie, als Sie den Tier- und Umweltschutz für sich entdeckt haben?

Ich bin mit etwa 15 Jahren bei Greenpeace eingetreten, weil ich den Kampf gegen den Walfang verfolgt hatte. Die Aktivisten sind damals mit kleinen Schlauchbooten gegen große japanische Walfangschiffe angefahren. Seitdem hat mich das Thema interessiert und umgetrieben.

In Ihrer „Im Einsatz“-Reihe sind die Meeresschildkröten nun die 14. Folge. Wie lange und wo waren Sie für die Doku unterwegs?

Wir haben in Piräus in Athen angefangen. Dort gibt es die Auffangstation „Archelon“ für Meeresschildkröten, die sich in Netzen verheddert haben oder von Fischern beinahe erschlagen wurden. Sie werden dort so lange aufgepäppelt, bis man sie wieder auswildern kann.

Dann waren wir in Florida in einer Forschungsstation. Dort wird untersucht, warum weltweit Meeresschildkröten von einem Krebs befallen werden. Forscher vermuten, dass es eine Folge der intensiven Agrarindustrie ist, also eine Folge von Überdüngung und Pestizid-Einsatz.

In Costa Rica haben wir die deutsche Biologin Dr. Christine Figgener getroffen, sie erforscht und schützt Meeresschildkröten. Während der Nestsaison lässt sie ganze Nester wochenlang rund um die Uhr bewachen, damit sie nicht gewildert werden, weder von Menschen noch von Hunden, Geiern, Seevögeln oder Krebsen.

Dann waren wir in Kenia. Dort gibt es ein Musterprojekt, bei dem sich lokale Fischer zusammengetan haben, um ihr Korallenriff zu schützen und ihre Mangrovenwälder wieder aufzuforsten. Sie wollen zurückkehren zu einer ganz traditionellen Fischerei-Methode mit Handnetzen aus Stoff und in ihren alten Kanus.

Wir zeigen also in der Doku sowohl die Ursachen, dass Meeresschildkröten vom Aussterben bedroht sind, und gleichzeitig die tollen Projekte, die es gibt, um sie zu retten.

Wie lange waren Sie für die Doku unterwegs?

Insgesamt dauert die Drehzeit meistens zwei bis drei Monate. Am längsten dauert die Vor- und Nachbereitung. Wir recherchieren meistens vier bis sechs Monate und brauchen in der Postproduktion nochmal drei bis vier Monate. Wir machen also etwa einen Film pro Jahr.

Was finden Sie persönlich so faszinierend an Meeresschildkröten?

Erstens gibt es die Tiere seit knapp 150 Millionen Jahren. Bis der moderne Mensch kam, war die Tierart perfekt angepasst an ihre Umgebung. Erst durch die Plastikvermüllung, den Klimawandel und die Überfischung ist das Tier an den Rand der Ausrottung gebracht worden. Zweitens kenne ich kein Tier, das 19 Stunden lang die Luft anhalten kann. Drittens kennen die Tiere keine Brutpflege: Das Weibchen krabbelt den Strand hoch, buddelt ein tiefes Loch, drückt etwa 100 Eier rein, kriecht dann ins Meer zurück und ab diesem Moment sind die Babys in ihren Eiern auf sich gestellt. Nach etwa 45 Tagen kämpfen sie sich aus dem Nest heraus, krabbeln den Strand herunter ins Wasser. Diesen Teil ihres Lebens kennen wir noch als Mensch und Forscher. Aber ab diesem Moment haben wir keine Ahnung, was als Nächstes passiert. Wir wissen nicht, wo sie sich paaren, wo sie hinschwimmen. Das heißt, wir rotten eine Tierart aus, bevor wir sie überhaupt erforscht haben.

Eine kleine Oliv-Bastardschildkröte erreicht sicher das Meer in Costa Rica.
Eine kleine Oliv-Bastardschildkröte erreicht sicher das Meer in Costa Rica. © ZDF | Markus Strobel

Warum ist der Plastikmüll im Wasser so gefährlich für die Meeresschildkröten?

Aus verschiedenen Gründen. Eine der Lieblingsspeisen von Meeresschildkröten sind Quallen. Leider verwechseln sie gern eine Plastiktüte mit einer Qualle. Im Film haben wir eine Szene, in der einer Meeresschildkröte ein Plastikstrohhalm aus der Nase operiert wird. Das ist symbolisch für das, was wir unserem Planeten mit dem Plastikmüll antun. Der Plastikstrohhalm ist eine der überflüssigsten Erfindungen aller Zeiten. Das gleiche gilt für die Plastiktüte und die Plastikflasche. Die meisten Fischernetze sind aus Plastik. Sie schwimmen als Geisternetze durchs Meer, weil Fischer sie beim kleinsten Schaden über Bord werfen. Das sind Lebendfallen, in denen sich Seelöwen, Robben und Delfine verheddern. Der ganze Fischfang ist eine Katastrophe für die Meerestiere. Plastik sollte man meiden, wo man nur kann.

Warum ist es auch in Deutschland wichtig, Plastikmüll zu vermeiden?

Was nicht als Gesamtplastik im Meer landet, landet als Mikroplastik dann irgendwann doch dort. Das kann man in jedem Tiermagen nachweisen. Bei uns sollte jeder eine eigene Trinkflasche dabeihaben. Die meisten Kinder haben das längst verstanden, nur die Eltern verstehen es leider nicht.

Was bedroht die Meeresschildkröten noch?

Die Fischerei und der Klimawandel! Je wärmer es wird, desto mehr steigt der Meeresspiegel. Dadurch werden die Nester an den Stränden leergespült, lange bevor die Babys schlüpfen können. Die Nester zu verlegen, weil die Fluten rapide steigen, ist sehr kompliziert. Die Nester müssen auch bewacht werden, weil es viele Tiere gibt, die sie plündern. Das Tier ist von so vielen Seiten bedroht, dass man sich gar nicht genug Schutzprojekte ausdenken kann.

Was würden Sie Kindern raten: Wie können sie sich in Deutschland für den Klima- und Umweltschutz einsetzen?

Sie können erst mal ihre Eltern erziehen. Der größte Plastikvermüller der Welt ist Coca Cola, auf Platz 2 ist Pepsi, auf Platz 3 Nestlé. Wir sollten aufhören, diese Produkte zu kaufen, und stattdessen zu nicht verpackten Produkten greifen. Vieles verstehen Kinder schneller als Erwachsene.

Sollten Kinder einer Umweltschutzorganisation beitreten? Der WWF hat zum Beispiel Junior Clubs…

Ich finde es toll, dass es diese Kinderclubs gibt. Das macht der BUND, das macht Greenpeace, das macht der WWF. Es gibt aber auch kleine Vereine, die Beach Clean Ups an der Nord- und Ostseeküste organisieren. Es gibt überall in Deutschland Möglichkeiten für Kinder, sich aktiv für den Naturschutz einzusetzen.

Der Film „Hannes Jaenicke: Im Einsatz für Meeresschildkröten“ läuft am 9. Mai im ZDF. Er ist dann auch online in der Mediathek zu sehen.