Michael Rüppel zeigt Kindern, wie sie sich in gefährlichen Situationen verteidigen können. Doch seine Kurse machen vor allem eines: Spaß!

Michael Rüppel bindet sich seinen rot-weißen Gürtel um und stellt sich vor einen riesigen Bildschirm. Die zehnjährige Kathi schaltet sich als Erste in den Video-Chat, nach und nach kommen immer mehr Kinder hinzu. Sie alle warten gespannt darauf, dass der Kurs „Strong and Safe Kids“ losgeht. Hier lernen Kinder ab fünf Jahren, sich selbst zu verteidigen. Doch der Kurs findet nun schon seit einigen Wochen nur noch online statt, damit sich niemand mit dem Coronavirus anstecken kann.

Dann ist es endlich so weit. „Wir brauchen heute vier Rollen Klopapier“, kündigt Trainer Michael an. Was es damit auf sich hat, wird sich aber erst später zeigen. Zunächst einmal wärmen sich alle auf. Erst den linken Arm kreisen lassen, dann den rechten. Der Trainer zeigt die Übungen in der Sporthalle, die Kinder machen es in ihren Wohnzimmern nach. „Liv, du bist ja noch müde“, stellt Michael fest und lacht. Der Trainer sieht eben alles über den Bildschirm, selbst ein unterdrücktes Gähnen.

Hüpfen wie ein Hampelmann

Nach einer Runde Hüpfen wie ein Hampelmann ist aber wirklich jeder wach. „Jetzt machen wir die erste Technik-Übung“, erklärt Michael. Schließlich geht es in dem Kurs darum, wie man sich in einem Notfall selbst verteidigen kann. Dazu lernen die Kinder verschiedene Techniken aus Judo und Krav Maga. Beides sind Formen der Selbstverteidigung. Judo kommt aus dem Land Japan, Krav Maga aus dem Land Israel.

Michael ist eigentlich ein richtiger Krav Maga-Experte. Das beweist schon sein rot-weißer Gürtel. „Das ist in Deutschland die höchste Auszeichnung“, sagt er. Doch weil nicht alle Griffe für Kinder geeignet sind, hat er sich für sie ein ganz spezielles Programm überlegt. „Ich möchte zeigen, wie sich schon Kinder wehren können.“ Das geht zum Beispiel mit einem Front-Kick, den Michael jetzt vormacht.

Nie mit Fremden mitgehen

Mit dem rechten Bein nach vorne treten, dann mit den Händen in die Luft schlagen. „Dabei seid ihr auch laut“, sagt Michael und ruft selbst: „Lass mich!“ Anschließend kommen die sogenannten Hammerfäuste zum Einsatz. „Die Hände ballt ihr zu Fäusten und lasst sie wie einen Hammer von oben nach unten fallen“, erklärt der Trainer. Die Kinder folgen seinen Anweisungen und rufen dabei immer wieder ganz laut: „Lass mich!“

Doch in dem Kurs geht es nicht nur um die körperliche Selbstverteidigung. „Ich versuche den Kindern auch zu zeigen, dass sie nicht jedem fremden Menschen vertrauen können“, erklärt Michael. Dazu bespricht er mit ihnen zwischendurch verschiedene Situationen. Denn auch wenn jemand auf den ersten Blick richtig nett wirkt, kann die Person etwas Böses planen. „Selbst wenn dein Lehrer oder dein Trainer dich fragt, ob du mit ihm alleine Eis essen gehen willst, sollten die Alarmglocken schrillen“, sagt er.

Trainieren mit Klopapier

Aber natürlich soll der Kurs vor allem Spaß machen. Und genau deshalb kommen jetzt die Klopapierrollen zum Einsatz. „Stellt die Rollen übereinander hin“, erklärt Michael. Er beugt seine Beine, nimmt die erste Rolle und macht eine springende Drehung. Dort angekommen stellt er die Rolle ab und dreht sich wieder zu dem kleiner gewordenen Stapel. Das Ganze wiederholt er, bis alle vier Rollen auf der anderen Seite gestapelt sind. Das sieht ganz schön anstrengend aus!

Nach anderthalb Minuten haben es alle aber geschafft. „Das war klasse!“, ruft Michael. Schon kurze Zeit später ist die Stunde für heute vorbei. Kathi bleibt noch einen kurzen Moment im Video-Chat. Was gefällt ihr denn besonders an dem Kurs? „Ich finde es super, dass man lernt, wie man sich verteidigt!“, sagt sie. Sie ist bereits seit einigen Monaten dabei und hat auch schon ein Ziel: „Ich möchte später die höheren Gürtel bekommen.“ Vielleicht trägt sie ja irgendwann sogar den rot-weißen Gürtel, so wie ihr Trainer Michael.