Damla Hekimoğlu liest auf Youtube jeden Vormittag um 10.30 Uhr aus einem Buch vor. Im Interview erzählt sie, wie sie auf die Idee gekommen ist.
Alles ist anders als sonst. Aber nicht nur für euch, weil die Schulen geschlossen sind und ihr euch nicht einfach mal so mit euren Freunden treffen könnt. Auch viele eurer Eltern haben gerade Stress, weil sie ihren Alltag neu planen müssen. Damla Hekimoğlu hat sich deshalb etwas überlegt, um Kindern und Eltern eine kleine Auszeit bieten zu können: Sie liest jeden Vormittag um 10.30 Uhr auf ihrem Youtube-Kanal aus Büchern vor.
Wieso liest du Geschichten vor?
Die Idee entstand, als die Schulen und Kitas wegen des Coronavirus geschlossen wurden. Ich habe in meinem Umfeld mitbekommen, dass sich viele Eltern Sorgen gemacht haben. Viele müssen ja im Homeoffice arbeiten und nebenbei noch ihre Kinder betreuen. Ich wollte sie etwas unterstützen, indem ich ihren Kindern vorlese. Und das virenfrei online. Ich wollte ihre virtuelle „Kinderbetreuerin“ für 30-45 Minuten am Tag sein.
Wieso hast du dir dazu Youtube und nicht einen Podcast ausgesucht?
Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich im Fernsehen arbeite und mich damit einfach besser auskenne. Aber neben den praktischen Gründen habe ich jetzt auch festgestellt, dass Youtube auf jeden Fall die richtige Wahl war. Denn so kann ich eine ganz andere Nähe zu den Kindern herstellen. Ich schaue ihnen in die Augen, spreche sie an und verspreche mich auch schon mal. So haben sie ansatzweise das Gefühl, dass ich wirklich vor ihnen sitze und ihnen vorlese.
Wie kamst du auf das erste Buch?
Mein älterer Bruder hat mich auf die Idee gebracht. Bei seinem Vorschlag musste ich total schmunzeln, weil „Janosch und der Mäusesheriff“ das Buch unserer Kindheit war.
Gab es noch andere Bücher, die dir deine Eltern immer wieder vorlesen mussten?
Ich mochte total gerne Märchen wie von den Gebrüdern Grimm. Und weil meine Eltern aus der Türkei kommen, fand ich auch orientalische Geschichten wie 1001 Nacht gut. Meine Mutter hat sich früher immer zu mir hingesetzt und einen Abend türkische und einen Abend deutsche Bücher vorgelesen. Wahrscheinlich habe ich es von ihr, dass ich Vorlesen heute noch ganz cool finde.
Wie fanden deine Zuschauer die ersten Videos?
Mir haben schon einige Eltern geschrieben. Zum Beispiel der Papa von Julia, die zwölf Jahre alt ist und das Vorlesen richtig super findet. Viele schreiben auch, dass dadurch wieder etwas Routine in den schulfreien Alltag einkehrt. Dass ich so manchen Familien helfen kann, ist ein richtig schönes Gefühl.
Wie lange soll das Projekt noch andauern?
Gerade habe ich noch frei und kann das Vorlesen gut jeden Tag machen. Wenn ich wieder arbeite, soll es aber möglichst weitergehen. Dann würde ich die Videos morgens oder abends aufnehmen. Und sonst hätte ich zur Not auch zwei Vertretungen: Mein Bruder und ein Kollege, die beide Lust darauf hätten. Es ist auf jeden Fall geplant, das bis zum Ende der Corona-Krise zu machen.
Welche Bücher willst du noch vorlesen?
Erst einmal geht es mit Janosch weiter. Zum Beispiel mit „Neue Geschichten von Tiger und Bär“ und „Oh wie schön ist Panama“. Kinder können natürlich auch gerne Wünsche schicken, was ich noch vorlesen soll. Nur muss ich mich dann erst um die Rechte kümmern, das ist nicht immer so einfach.
Was macht eine richtig gute Geschichte aus?
Eine richtig gute Geschichte ist so geschrieben, dass man sich die Charaktere gut vorstellen und ganz schnell abtauchen kann. Janosch konnte das gut, aber auch die Gebrüder Grimm und viele andere.
Was ist das Besondere am Vorlesen?
Das Schöne ist, dass man immer abschalten und entspannen kann. Außerdem braucht nur etwas zu lesen und zwei Menschen. Und schon reist man gemeinsam in eine andere Welt.