Die Küste vor Grönland gilt als gefährlich. Passagierschiffe müssen immer einen Lotsen an Bord haben. Ein Interview mit dem Eis-Experten.
Die See ist spiegelglatt, kein Lüftchen weht. Trotzdem lässt Eis-Lotse Steen Lom pausenlos seinen Blick übers Wasser schweifen. Er fährt seit vielen Jahren vor der Küste Grönlands zur See. Und er weiß: Die Ruhe trügt. Das Eis in der Arktis birgt viele Gefahren.
Was ist so tückisch am Eis?
Ein Schiff, das mit einem Eisberg zusammenstößt, kann ein Loch bekommen und sinken. Noch gefährlicher sind die Growler. Das sind kleine Eisberge oder große Eisschollen, die flach im Wasser liegen. Sie sind schlecht zu sehen. Bei Wellengang verschwinden sie zwischen den Wogen, dann können wir sie auch mit dem Radar nicht mehr orten.
Muss deshalb in Grönland jedes große Passagierschiff einen Eis-Lotsen an Bord haben?
An der Ostküste gibt es viele Eisberge, die Strömung treibt sie aus der Polar-Region nach Süden. Das Wetter kann schnell umschlagen, und bei schlechter Sicht wird es für Schiffe gefährlich. Ich arbeite hier seit 41 Jahren. Fährt ein Kapitän zum ersten Mal in diesen Gewässern, ist er froh, wenn ich dabei bin.
Was kann ein Eis-Lotse, was der
Kapitän nicht kann?
Wir arbeiten mit Eiskarten, die der Dänische Wetterdienst extra für uns herstellt. Zusätzlich bekommen wir Informationen von Satelliten. Auf dem Radar sehen wir, wo der Wind herkommt und wie stark die Strömung ist. Beide können das Eis bewegen, wir müssen also immer ein bisschen in die Zukunft blicken.
Sie schauen nur auf Bildschirme?
Nein. Unser wichtigstes Werkzeug sind die Augen: Ich halte pausenlos Ausschau nach Eis. Das ist sehr anstrengend, deswegen wechseln mein Kollege und ich uns alle sechs Stunden ab.
Wie nah darf man an Eisberge rankommen? Wenn die See ruhig ist, kann man zwischen ihnen hindurchfahren. Aber langsam! Sobald es neblig oder stürmisch wird, gilt: Schnell und möglichst weit weg vom Eis!