Emschergenossenschaft feiert 125. Geburtstag. Wie aus einer Kloake blaugrüne Zukunft entstand.
Auch Flüsse können Karriere machen. Das beste Beispiel: die gute alte Emscher. Vor 125 Jahren ist sie eine stinkende Kloake, eine Brutstätte von Krankheiten. Der dreckigste Fluss Deutschlands. Vor diesem Hintergrund gründet sich am 14. Dezember 1899 Deutschlands erster Wasserwirtschaftsverband: die Emschergenossenschaft.

Ihr erklärtes Ziel: die Abwasser-Misere zu beenden. Am 14. Juli 1904 folgt mit der Unterzeichnung des „Emscher-Gesetzes“ die rechtliche Legitimation. Erstmals entsteht in Deutschland ein durchdachtes wasserwirtschaftliches Konzept. Damit beginnt der erste Emscher-Umbau: Aus dem Fluss wird ein begradigter, offener Abwasserkanal. Nicht schön, aber unumgänglich. Erst die Nordwanderung des Bergbaus ermöglicht ab den 1990er-Jahren den zweiten Umbau der Emscher: vom dreckigsten Fluss Deutschlands zur blaugrünen Oase. Was für ein Generationenprojekt.
Sogar Weinberge sind an den Ufern entstanden
Heute, im Jubiläumsjahr, kann die Emschergenossenschaft auf einen abwasserfreien Fluss schauen. Ein Gewässer, in dem wieder Forellen, Groppen und Stichlinge planschen. Und an dessen Ufern sogar Weinberge entstanden sind (6.700 Reben wurden in Castrop-Rauxel gesetzt). Eine bemerkenswerte Landmarke entstand zudem mit dem „Sprung über die Emscher“ in Castrop-Rauxel / Stadtgrenze Recklinghausen: eine 412 Meter lange Brücke für Fußgänger und Radfahrer.

Scholz: „Ein visionäres Generationenprojekt“
Wenn all das kein Grund zum Feiern ist: 300 Gäste, darunter NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst und Bundeskanzler Olaf Scholz, kamen am 28. November zum offiziellen Festakt in die Bochumer Jahrhunderthalle. „Herzlichen Glückwunsch zu diesem Jubiläum, das wie kaum ein anderes die Industriegeschichte Deutschlands erzählt“, sagte Olaf Scholz. Die Renaturierung der Emscher sei „ein visionäres Generationenprojekt“, das wie viele solcher Vorhaben erst einmal auf Kopfschütteln und Skepsis traf.

„Am Ende haben sich an der Emscher nicht die Skeptiker, die Mutlosen und die Meckerer durchgesetzt“, sagte Scholz: „Sondern diejenigen, die an eine bessere Zukunft, an einen blauen Himmel über der Ruhr und an eine saubere Emscher geglaubt haben, die Zeit und Energie in dieses Projekt investiert haben.“

Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender der Emschergenossenschaft, zeigte weitere Perspektiven auf. „Das triste Grau der früheren Köttelbecken weicht einer blaugrünen Infrastruktur, die zum Entdecken einer völlig neuen Vision der Emscher einladen wird.“

Im Sommer 2025 werde man am Wasserkreuz Castrop-Rauxel den ersten Emscher-Strand fertigstellen. „Es wird garantiert nicht der letzte sein!“ Weitere Emscher-Strände sollen in den kommenden Jahren unter anderem in Gelsenkirchen/Stadtgrenze Essen und Oberhausen entstehen. Auch wenn das Baden in dem ehemaligen Industriefluss aus hygienischen Gründen (noch) untersagt bleibt, wird es an den Emscher-Stränden Möglichkeiten zum Verweilen, Entspannen und Spielen geben. Balkone und Terrassen sollen neue Blicke auf die sich in der nächsten Zeit wandelnde Emscher ermöglichen – und einer echten Strandpromenade würdig wird es selbstverständlich auch Sand vor Ort geben!
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Das Jubiläumsbuch
„Vom industriellen zum blaugrünen Leben - 125 Jahre Emschergenossenschaft“: So heißt das mit historischen und aktuellen Fotos reich illustrierte Buch zum Jubiläum. Es erzählt die spannende Geschichte der Emschergenossenschaft, die unsere Region bis heute nachhaltig prägt.
Dietmar Bleidick, Uli Paetzel: Vom Industriefluss zum blaugrünen Leben. 316 Seiten (Hardcover), erschienen im Verlag Kettler, 42 €
Weitere Infos:
https://www.verlag-kettler.de/de/buecher/125-jahre-emschergenossenschaft/