Hagen. Die Haare sind ausgefallen, die Brüste müssen abgenommen werden - Marina Kovacevic aus Hagen hat Krebs. Trotzdem steckt sie voller Lebensmut.
Sie legt den Kopf ein wenig zur Seite, und sie strahlt. Auch als sie diesen Satz sagt, mit dem sie - vielleicht ohne es zu ahnen - schon so viel von sich selbst preisgibt. „Im Tunnel gibt es kein Licht. Das muss man selbst anzünden.“
Dunkel war er, ihr Tunnel. Bis zu jenem Moment, in dem sich Marina Kovacevic aus Hagen, 38 Jahre alt, entschieden hat, das Licht anzuknipsen. Dunkel war er, weil mit dem Krebs das Thema Tod so plötzlich Raum im Leben der Mutter einnahm. Dalia Amalia ist neun Jahre alt, Adian Amar gerade vier. Ihre Mama will leben.
Der Kampf gegen den Krebs
Das Licht, das da trotz der Diagnose leuchtet, hat also viel zu tun mit ihrem Entschluss, den Kampf gegen die Krankheit, die tödlich enden kann, anzunehmen. „Ich weiß, was kommen kann“, sagt Marina Kovacevic. „Aber es kann doch genauso gut sein, dass ich morgen von einem Auto erfasst und überrollt werde.“
Der Tod, der kommen kann, hat in ihrem Leben keinen Platz. Weil sie selbst ein so positiver Mensch ist. Aber auch, weil sie in der onkologischen Ambulanz am Agaplesion Klinikum Hagen, in der sie gerade die Chemotherapie abgeschlossen hat, in all den letzten Wochen auf so viel Freundlichkeit, auf so viel Herzenswärme getroffen ist. Das macht ihr Mut - Lebensmut.
Herzlichkeit vor den schweren Tagen
„Wenn man morgens dieses Gebäude betritt, dann beginnt der Tag einfach schön“, sagt Marina Kovacevic. Und das, obwohl im Anschluss an die Klinikaufenthalte die schweren Tage, die, an denen sie unter den Nebenwirkungen des starken Medikaments litt, noch anstanden. „Die Menschen, die hier arbeiten, haben alle eine so positive Einstellung. Das ist enorm wichtig.“
Für all das hat sich Marina Kovacevic nach den 16 Zyklen in der Ambulanz mit einem Facebook-Post und einer pinken Brustkrebs-Schleife in einem Holzrahmen bedankt. „Die Ambulanz ist für mich zu einem zweiten Zuhause geworden“, sagt sie, „es wirkt nicht wie ein Krankenhaus. Man fühlt sich hier gut aufgehoben, geborgen.“
Knoten in der Brust selbst ertastet
Es ist ein Ort, der ihr Hoffnung gibt. Ein Ort, an dem die 38-Jährige den Kampf gegen den Brustkrebs endgültig angenommen hat. „Ich hatte die Alternative zu Hause zu liegen und zu warten, dass irgendwann ein Arzt zu mir sagt, dass ich in zwei Monaten sterben muss“, so Marina Kovacevic. „Natürlich war die Nachricht, dass der Knoten, den ich selbst ertastet habe, bösartig ist, ein Schock. Aber ich will leben. Ich will mein Bestes geben.“
Als während der Chemotherapie die Haare ausfallen, sucht sich Marina Kovacevic eine schicke Perücke. Als sie blass wird, schminkt sich die gelernte Visagistin, die schon in Hollywood gearbeitet hat, selbst. Und immer, wenn sie mal wieder richtig stolz auf sich ist, gönnt sich die 38-Jährige, die vor neun Jahren der Liebe wegen von Island nach Hagen gezogen ist, eine kleine Shopping-Tour. „Es ist wichtig, sich auch mal selbst zu belohnen“, sagt sie und lacht.
Sicherheit für die Kinder
Marina Kovacevic ist ein organisierter Mensch. „Das hat mir am Anfang geholfen“, sagt sie. „Ich bin noch in Island krankenversichert. Das bedeutet jede Menge Papierkram. Dann musste ich sicherstellen, dass sich jemand um die Kinder kümmerte - am Tag der Chemotherapie und danach, wenn es mir so richtig dreckig ging.“
Hitzewellen und Übelkeit erfassen Marina Kovacevic, nachdem sie das rote chemische Antibiotikum („Schon beim Anblick wird einem schlecht“) bekommen hat. „Das muss wie eine Droge sein“, sagt die Mutter, „ich hatte Schwierigkeiten, mich zu konzentrieren, konnte nicht schlafen, habe viele wach gelegen. Ich habe in diesen Momenten immer an die Familie gedacht - an meinen Mann, an die Kinder. Das hat es erträglicher gemacht.“
Unterstützung durch Familie
Dazu kommt die Unterstützung durch die Eltern, durch die Schwester und durch den Bruder, die allesamt in Island leben. „Sie sind während der Behandlung immer wieder nach Hagen gekommen“, sagt Marina Kovacevic, „das hat mir sehr geholfen.“
Es gehe ihr jetzt gut, sagt sie. Angst vor der nächsten Operation, bei der die beiden Brüste abgenommen werden und Implantate eingesetzt werden, hat sie nicht. „Ich ruhe in mir selbst“, sagt sie und lächelt. „Und ich bin ein bisschen stolz auf mich und auf das, was ich in den letzten Wochen schon geschafft habe.“
10.000 Schritte am Tag
Jeden Tag macht sie 10.000 Schritte. Die Fitnessuhr an ihrem Handgelenk zählt mit. Dass das einmal möglich sein würde, daran hat Marina Kovacevic nicht geglaubt. Diese Schritte sind ein wichtiger Teil im Kampf, den sie weiter kämpfen will. Ob sie den Krebs besiegen wird - das kann niemand prognostizieren. Marina Kovacevic glaubt fest daran. „Gewissheit“, sagt sie, „werde ich erst in fünf Jahren haben.“
Im Tunnel gibt es kein Licht. Marina Kovacevic hat es selbst angezündet.