Winterberg. So bereitet sich das Sauerland auf das EM-Halbfinale Niederlande gegen England vor: Ein Besuch im Winterberger Hotel „Der Brabander“.

Nanu, keine Holland-Fähnchen und kein orangefarbenes Fahnenmeer im 4-Sterne-Hotel „Der Brabander“ mitten in Winterberg. Dabei ist das „Vakantiehotel“ doch fest in niederländischer Hand und der Höhenort die Hauptstadt des (Ferien-)Sauerlandes – und das Sauerland hat sich seinen Ruf als inoffizielle 13. Provinz der Niederlande redlich verdient. „Das Haupthaus haben wir nicht in unserer Fußball-Farbe Orange geschmückt. Es gibt auch Gäste, die sich nicht für Fußball interessieren“, sagt Danny Meurs, Juniorchef des Brabander.

Der 34 Jahre alte gebürtige Hochsauerländer mit NL-Pass („ich bin ein holländischer Winterberger“) ist ein entspannter wie lockerer Typ, so wie man es vielen seiner Landsleute nachsagt, und ebenso fußball-verrückt. „Ich bin schon etwas aufgeregt“, sagt der BVB-Fan vor dem Europameisterschafts-Halbfinale Niederlande gegen England am Mittwochabend im Dortmunder Stadion, 109 Kilometer vom „Der Brabander“ entfernt.

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Danny Meurs sitzt dem Reporter an der gemütlichen Hotel-Bar gegenüber. Er trinkt eine Tasse Tee und zeigt ein Handy-Video vom vergangenen Samstag. Aufgenommen in der eigenen Ski-Hütte auf dem Hotelgelände, längst umfunktioniert zum „Holland House“. Ekstase pur in Oranje, als die niederländische Fußballnationalmannschaft das EM-Spiel gegen die Türkei innerhalb von sieben Minuten dreht.

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Danny Meurs am DJ-Pult im „Holland House“. Regelmäßig legt der 34-Jährige dort auf. © Westfalenpost | Rolf Hansmann

Zu sehen ist auch, wie Servicekräfte mit einem Tablett Mini-Likörflaschen durch die Reihen gehen. „Wir haben bei Welt- und Europameisterschaften die Tradition, den Gästen bei jedem Tor unseres Teams einen 20-Milliliter-Shot zu spendieren“, erklärt Meurs. Das Getränk wird extra für den Gastrobetrieb hergestellt, „Maracuja-Likeur“ mit 15 Prozent Alkohol und natürlich in der Farbe Orange. „Bei der WM 2014 haben wir das eingeführt. Im ersten Vorrundenspiel gegen Spanien gab es einen 5:1-Sieg unserer Elf. Fünf Mal gingen Shots für alle aufs Haus.“

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Bei jedem EM-Tor der niederländischen Fußball-Nationalmannschaft spendiert das Winterberger Hotel "Der Brabander" seinen Gästen einen Maracuja-Likör. © Westfalenpost | Rolf Hansmann

200 begeisterte niederländische Fußball-Fans feierten am vergangenen Samstag im Holland House den Halbfinaleinzug der Elftal. Am Mittwoch beim Spiel gegen England könnten es sogar 250 werden. „Nach der Pandemie und der Winter-WM in Katar mussten selbst die Niederländer wieder Euphorie lernen“, sagt Meurs und kommt auf die Bilder tanzender Anhänger zu sprechen, die derzeit um die Welt gehen und dafür sorgen, dass die Besucher aus dem Nachbarland neben den Schotten zu den Kult-Fans der Fußball-EM geworden sind.

Seit Turnierbeginn tanzen die niederländischen Fans

Seit Turnierbeginn wird nach dem Hit „Naar links! Naar rechts!“ (Nach links! Nach rechts!) der niederländischen Party-Band Snollebollekes getanzt. Wenn man so will, ist es ein Ententanz für Anfänger – Bewegung mit einfachster Schrittfolge: Die Fans hüpfen von links nach rechts und wieder zurück und springen am Ende „Döpdödödöp“ grölend wild umher. Eine geradezu ansteckende Fröhlichkeit. Und die Bestätigung der Angaben eines großen deutschen Farbenherstellers zur Farbsymbolik: Orange stehe für „Ausgelassenheit“, steht auf dessen Internetseite.

„Deutschland gegen die Niederlande – das wäre für mich das Traumendspiel gewesen.“

Evert van den Kamp
Hotelgast

Apropos: Was bedeutet eigentlich „Döpdödödöp“? Danny Meurs lacht – natürlich ansteckend. „Nichts“, sagt er, „es ist ein reines Kunstwort.“ Der 34-Jährige ist Hotelier und DJ, legt im Holland House regelmäßig auf. Selbstverständlich auch „Links Rechts“. Den Titel gebe es schon seit Jahren, sagt er. Jetzt, bei der EM, komme der Schunkelfußball besonders groß raus: „Ein einfacher Tanz und massentaugliche Gute-Laune-Musik.“

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Fanforscher lobt die Niederländer

Der bekannte Fan- und Fußballforscher Harald Lange von der Universität Würzburg bezeichnete jetzt im Bayerischen Rundfunk die niederländischen EM-Fans als „total beeindruckend und imposant“. Sie dokumentierten Leichtigkeit und Lockerheit und feierten sich selbst. Eben „Feierbiester“ - den Begriff prägte einst der niederländische Fußball-Lehrer Louis van Gaal bei seinem Bayern-München-Engagement.

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Schauen sich die EM-Spiele der niederländischen Nationalelf an der Hotelbar des "Brabander" an: (von links): Evert van de Kamp, Maria van Beers, Nellie van de Kamp und Jo van Beers. © Westfalenpost | Rolf Hansmann

Leicht und locker sitzen auch zwei Rentner-Paare aus der niederländischen Provinz Tilburg im Wintergarten des „Brabander“. Man spürt, dass sie den Urlaub in ihrem Vakantiehotel genießen. „Deutschland gegen die Niederlande – das wäre für mich das Traumendspiel gewesen“, sagt Evert van de Kamp und schaut zu Ehefrau Nellie herüber. Das Halbfinale am Mittwoch gegen England wollen sich die van de Kamps an der Hotelbar anschauen („die Skihütte ist uns zu laut“) – zusammen mit Jo und Maria van Beers. Jo van Beers tippt auf ein 1:0 für Oranje – „in der regulären Spielzeit“.

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Das würde „nur“ eine „Maracuja-Likeur“-Runde im Holland House bedeuten. Danny Meurs öffnet den Party-Tempel und zieht sich - passend zu den Holland-Fahnen und -Fähnchen in dem Raum mit Theken, Stehtischen und mehreren Leinwänden - sein Oranje-Shirt an. Darauf die Aufschrift „Immer Hansi“. Dahinter verbirgt sich ein offenbar bekannter Stimmungssänger mit auffälligem Äußeren, wie dessen Internetseite zu entnehmen ist. Mehr noch: „De meest geboekte Partymeister van 2023!“

Sauerländer Bockwurst im Holland House

Im Holland House jedenfalls herrscht vor dem niederländischen EM-Abend - auch für Nicht-Hotelgäste - noch die Ruhe vor dem Sturm. Am Mittwochabend dürfte so manches Sauerländer Bier und so manche Bockwurst im Brötchen über die Theke gehen.

Danny Meurs war noch nicht geboren, als die niederländische Fußball-Nationalmannschaft „zum ersten und bislang letzten Mal“ Europameister wurde. Es war 1988 - und die EM fand in Deutschland statt. „Wenn das nicht ein gutes Omen ist“, sagt der Juniorchef des „Brabander“. Nicht ausgeschlossen, dass er im Falle eines EM-Sieges die Hüpf-Hymne zelebriert. Also von links nach rechts und wieder zurück und „Döpdödödöp“.