Essen. Die Zahl der Geflüchteten in Essen steigt, viele sind arbeitslos. Deshalb schalten Arbeitsagentur und Jobcenter nun den „Jobturbo“ ein.
Arbeitsagentur und Jobcenter schalten den „Job-Turbo“ für junge Geflüchtete. Das Programm soll dabei helfen, sie schneller als bislang in Arbeit zu bringen; auch wenn ihr Deutsch noch nicht perfekt ist. Statt lange Zeit in theoretischen Sprachkursen zu verbringen, lautet die Devise nun: Wer arbeitet, lernt die Sprache besser. Um auch Arbeitgeber dafür zu gewinnen, fand jetzt das erste Speed-Dating in Essen statt. Es war das erste, bei dem ausschließlich junge Geflüchtete auf Unternehmen trafen.
23 Firmen kamen dafür in die Arbeitsagentur aus ganz unterschiedlichen Branchen wie zum Beispiel: Elektrotechnik, dem Gesundheitswesen oder dem Bäcker- und Malerhandwerk. Ebenso vielfältig war die Herkunft der 217 Jugendlichen: Sie waren aus der Ukraine, aus Afghanistan, Eritrea, dem Iran, Irak, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien nach Essen geflüchtet.
„Wir wollen jungen Geflüchteten einen Platz in der Arbeitswelt ermöglichen. Das gehört zum Ankommen dazu”, sagte Andrea Demler, Vorsitzende der Geschäftsführung der Arbeitsagentur. Vor einigen Jahren sei eine solche Veranstaltung so noch nicht möglich gewesen. „Das lag vor allem daran, dass die Geflüchteten damals noch nicht gut Deutsch konnten und im Zuge des Flüchtlingszuzugs 2015 viel Bürokratie zu bewältigen war.“
Der sogenannte „Job-Turbo“ geht auf eine Initiative von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zurück. Ursprünglich zielte er vor allem auf Ukrainer, deren Zuwanderung auch in Essen weiter zunimmt. Sie sollen verstärkt in den Arbeitsmarkt integriert werden; auch, um sie schneller aus dem Bürgergeldbezug zu bringen. Die gleichen Bemühungen aber gelten für alle Geflüchteten.
Zahl der Geflüchteten in Essen steigt weiter
Vergangenes Jahr lebten in Essen durchschnittlich 23.446 Personen aus den neun zugangsstärksten Nicht-EU-Ländern (Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia, Syrien, Ukraine) vom Bürgergeld - ein Plus von zwölf Prozent gegenüber 2022. Die meisten davon kommen aus Syrien, der Ukraine, dem Irak und aus Afghanistan. Während die Flüchtlingszahlen aus der Ukraine und Afghanistan 2023 weiter anstiegen, nahmen sie bei Syrern und Irakern leicht ab.
Damit die Menschen schneller in den Job kommen, braucht es auch die Bereitschaft Unternehmen, Geflüchtete trotz ihrer Sprachdefizite einzustellen. Andrea Demler sieht diese Bereitschaft wachsen. Nicht zuletzt der Fachkräftemangel in vielen Branchen dürfte dazu beigetragen.
Geflüchtete bekommen Sprachkurse parallel zum Job
Beim Speed-Dating dabei war Achim Herbst, Geschäftsführer des Call-Center-Unternehmens Sutter Dialog. „Ich leite einen Generationswechsel ein und suche Nachwuchs“. Die Sprachbarriere sei eine Herausforderung. Für den Arbeitgeber sei es aber viel wichtiger, Nachwuchstalente zu finden, die zum Unternehmen passen und langfristig dort arbeiten. Natürlich müssten sich die Mitarbeitenden schon verständigen können, „aber alles andere lernen sie während der Arbeit - auch die Sprache“.
Herbst lobte das Angebot der Berufssprachkurse. Solche begleitenden Kurse sollen den Geflüchteten helfen, ihre Deutschkenntnisse speziell für bestimmte Berufe zu verbessern. Schließlich brauchen Kaufleute, Informatiker oder Mediziner unterschiedliche Vokabeln und Schwerpunkte. Diese Kurse werden vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge finanziert und finden vor oder während der Beschäftigung statt.
Arbeitsagentur: Barrieren beim Speed-Dating sind geringer
Beim Speed-Dating hatte jeder Bewerber zehn Minuten Zeit, um sich bei einem Unternehmen vorzustellen. Es ging um erste Eindrücke. „Wir schaffen damit eine große Barriere aus dem Weg. Bei einer klassischen Bewerbung stehen Bewerber oft vor vielen Herausforderungen“, betonte Vanessa Lauth, Berufsberaterin bei der Jugendberufsagentur. „Die Bewerber zeigen, wer sie sind, und das allein kann schon ausreichen. Wenn beide Seiten spüren, dass eine Zusammenarbeit funktionieren könnte, dann werten wir das als Erfolg“.
Klassische Bewerbungen sind sowohl für Bewerber als auch für Arbeitgeber zeitaufwendig. „Traditionelle Bewerbungen kosten Unternehmen viel Geld“, sagte Thomas Mikoteit, Abteilungsleiter im Jobcenter Essen. Das Speed-Dating macht es für beide Seiten leichter. Die Arbeitgeber müssen nur einen Tag investieren. Und die Bewerber werden unterstützt und begleitet. Arbeitsagentur und Jobcenter hatten die Jugendlichen ausgewählt und schon im Vorfeld mit ihnen über ihre Wünsche und beruflichen Vorstellungen gesprochen.
„Ich fand die Vorauswahl super“, erzählte Ausbilder Michael Kozak von der Heinrich-Schmid-Ausbildungswerkstatt, die Maler, Lackierer und Schreiner ausbildet. Im Vergleich zu anderen Jobmessen habe er weniger, dafür aber gezieltere Gespräche geführt.
Die erste Bilanz nach dem Speed-Dating: Es wurden 48 Probearbeiten und fünf Einstellungstests vereinbart.