Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hält nach dem Ausstieg von zwei deutschen Branchenverbänden der Mode- und Textilindustrie an dem geplanten Bündnis für nachhaltige Textilien fest. Doch die meisten großen Unternehmen machen nicht mit.
Die Ohrfeige gebührt nicht Minister Müller, sondern den Verantwortlichen der großen Textilunternehmen. Diese weigern sich, Müllers Plan für bessere soziale und ökologische Bedingungen in den weltweiten T-Shirt- und Jeans-Fabriken zu unterschreiben.
Trotzdem markiert die Initiative des CSU-Politikers einen Fortschritt. Denn erstmals versucht die Bundesregierung Forderungen durchzusetzen, die Bürgerrechtsorganisationen seit Jahren erheben: existenzsichernde Löhne und Begrenzung der Überstunden für die Beschäftigten in den globalen Zulieferfirmen.
Dass die Unternehmen sich verweigern, hat vornehmlich betriebswirtschaftliche Gründe. Höhere Sozialstandards und effektive Kontrollen in Tausenden Zulieferfabriken sind machbar, kosten allerdings viel Arbeitskraft und Geld. Potenziell schmälern sie auch den Gewinn. Die großen Unternehmen stiften gerne Professuren für Umwelt- und Soziales – wenn es zum Schwur kommt, kneifen sie.
Um die Konzerne zur Unterschrift zu bewegen, sollte Müller jetzt das Gesetzgebungsverfahren ankurbeln. Ohne klare Regeln, die pakistanische Textilarbeiter auch vor deutschen Gerichten einklagen können, passiert zu wenig. Auf dieses Gesetz allerdings, so ist zu befürchten, muss man lange warten. Und so steht auch Gerd Müller wieder im Mittelpunkt der Kritik.