Giorgio Napolitano ist ein exzellenter Staatspräsident. Eine Antwort auf die aktuelle politische Lage ist er jedoch nicht. Das Volk will sich von anderen Leuten vertreten lassen, als bisher.
Noch vor zwei, drei Jahren hätte man geschrieben, Giorgio Napolitanos Wiederwahl als Staatspräsident sei das beste, was Italien passieren konnte. Doch die Zeiten haben sich geändert.
Neue Kräfte sind ins Parlament eingezogen; das Volk will sich tendenziell von anderen Leuten vertreten lassen als bisher. Die Einigung auf Napolitano ist demgegenüber ein Rückfall der Parteien in überholte Strategiemuster. Sie ist das Resultat einer Reihe von gravierenden politischen Fehlern, deren dauerhaftester und schwerwiegendster die eigene Reformunfähigkeit ist.
Napolitanos Wiederwahl ist keine Lösung. Sie ist ein Manöver innerhalb des „Palazzos“ der Macht; die politische Kaste igelt sich ein – während draußen ein immer unzufriedeneres Volk dagegen anrennt. Die neuen Kräfte im Parlament, das sind beileibe nicht nur die fundamentaloppositionellen Truppen eines Beppo Grillo. Erstmals seit langer Zeit dringen die Wünsche des Volks ungesteuert und ungefiltert nach oben durch.
Giorgio Napolitano war und ist ein exzellenter Staatspräsident. Eine Antwort auf die gewandelte politische Lage ist er nicht. Die Parteien haben mit ihren Machtspielchen dem Systemstürzer Grillo das Spiel noch einfacher gemacht – so einfalls- und so hilflos wie sie sind gegen die neuen Kräfte.