Für Jürgen Großmann muss dieses Bild regenbogenfarbenen Protestes ein Kulturschock gewesen sein: Atomkraftgegner direkt vor seinem Rednerpult. Vor einem Jahr hätte man sie als Öko-Fundamentalisten herauskomplimentiert – und fertig. Doch im Jahre null nach Fukushima verkörpern sie in radikaler Weise eine breite Mehrheitsmeinung.
Das macht die Atomdebatte so gefährlich für RWE. Großmann kann dreimal Recht haben mit seiner Klage gegen die Stilllegung von Biblis A – und er hat Recht. Doch was nützt das, wenn er als letzter Vorkämpfer einer Technologie dasteht, die wahrscheinlich selbst seine Kunden nicht mehr wollen? Im schlimmsten Fall verliert RWE Kunden an die nicht minder auf Atomkraft setzende Konkurrenz, nur weil die ihre Füße still hält. Das kann man verlogen nennen, aber am Ende läuft die Speerspitze ins Leere und nicht das Diplomatenkorps dahinter.
Jeder mag zum Atomkonflikt stehen, wie er will – offen im Konzern ausgetragen schadet er dem Unternehmen nur. Das müssen sich auch die Städte vorhalten lassen, die als Aufsichtsräte bisher fast alles abnickten und nun plötzlich die Tagespolitik in den Konzern tragen. Dass sie gerade mit der Steag samt Uralt-Kraftwerkspark einen RWE-Konkurrenten aufbauen, macht sie nicht glaubwürdiger.