Die Schwesterpartei kritisiert und provoziert, als wäre sie nicht Teil dieser Bundesregierung; die SPD zeigt sich in ihrer Unterstützung so standhaft wie ein Wackelpudding; und nun kommen auch noch diese Horrorzahlen um die Ecke: 1,5 Millionen Flüchtlinge! Plus Familiennachzug!
Die Stimmung kippt, rufen jetzt jene Berufsmahner, die noch vor wenigen Wochen stolz auf Deutschland waren und seine verdächtig euphorische Willkommenskultur, und sorgen damit für die Erfüllung ihrer eigenen Prophezeiung. Denn die Beschreibung der angeblich kippenden Stimmung ist in Wahrheit fast immer deren Initiierung.
Prompt sind wir alle zu Tode betrübt, und das Abendland, in dem gerade noch die Steuerquellen sprudelten und die Herzen überliefen, geht unter. Liebes Deutschland, geht es auch eine Nummer kleiner?
Natürlich ist die Lage angespannt. Die Herausforderungen sind gewaltig. Vor allem die Kommunen sehen sich vor einer großen Kraftanstrengung. Sie dürfen damit nicht allein gelassen werden. Nur: Reflexe helfen uns nicht weiter. Spendengalas und Solidaritäts-Aufkleber für Bundesliga-Vereine erweisen sich als billiges Strohfeuer, wenn kurz danach die Bundeskanzlerin von allen Seiten aufgefordert wird, den Zuzug nun bitteschön zu begrenzen, irgendwann sei das Boot eben voll.
Wie soll sie das bewerkstelligen? Mit Grenzzäunen mitten durch Europa? Vielleicht wollen wir diese im nächsten Schritt noch verminen, weil sich verzweifelte Kriegsopfer nicht von Natodraht aufhalten lassen? Der Ruf nach einer Änderung des Grundgesetzes ist ebenso maßlos wie die zynische Forderung nach einer neuen „Abschiebekultur“.
Die Verfahren müssen beschleunigt werden, ja sicher, aber dazu bedarf es ausgebildeten Personals, das nicht hinter irgendeiner Tür steht und nur auf seinen Einsatz wartet.
Angela Merkel lässt sich zum Glück weder davon noch von sinkenden Umfragewerten beirren. Anders als CSU-Chef Seehofer oder Innenminister de Maizière, der von Taxi fahrenden Flüchtlingen schwadroniert und damit Sozialneid schürt, hält sie das „C“ im Namen ihrer Partei beharrlich hoch. Was für eine erfreuliche Überraschung!