München (dpa/tmn). Große Auswahl, hohe Rabatte, kurze Lieferzeiten. Die Versprechen von Neuwagen-Portalen sind groß. Vor allem aber in Verbindung mit dem Gang zum Autohändler vor Ort können Online-Angebote interessant sein.
Das Internet macht’s möglich: Wer auf der Suche nach einem neuen Auto ist, kann online nicht nur seinen Wunschwagen konfigurieren, sondern inzwischen dort sogar gleich kaufen.
«Einige Portale bieten nur Neuwagen an, andere Neu- und Gebrauchtwagen», sagt Alexander Schnaars vom ADAC. «Andere wiederum stellen die Preise verschiedener Autohäuser im Netz dar und vermitteln den Interessenten dann entsprechend weiter.»
Beispiele für Neuwagenportale sind unter anderem die Seiten «carwow.de», «meinauto.de» oder auch «neuwagen24.de». Hauptsächlich oder nur Gebrauchtwagen bieten unter anderem «instamotion.com» oder «autohero.com».
Auch Hersteller mischen beim Online-Handel mit
Daneben bieten aber auch Autohersteller wie Mercedes einen reinen Online-Kauf an. Befeuert wird der Online-Verkauf nach Ansicht von Thomas K. Hamann vom Aufschwung der E-Autos: «Speziell bei den Marken für Elektrofahrzeuge ist ein Trend hin zum Direktvertrieb erkennbar.» Beispiele hierfür sind Polestar oder Tesla.
Für die Kunden hat der Online-Kauf laut Hamann durchaus seine Vorteile: «Man muss nicht mehrere Autohäuser aufsuchen, ist unabhängig von Öffnungszeiten und kann am Rechner bequem verschiedenen Modelle und Ausstattungsvarianten vergleichen.»
So ist es um Rückgabe und Widerruf bestellt
Zudem gelte bei einem Online-Kauf ein 14-tägiges Widerrufsrecht, während es beim klassischen Vor-Ort-Kauf kein gesetzliches Rückgabe- oder Umtauschrecht gebe, sobald der Vertrag zustande gekommen sei.
Allerdings kennt das Widerrufsrecht bei Online-Käufen auch Einschränkungen: Wer seinen Neuwagen etwa individuell konfiguriere, können nicht darauf pochen das Geschäft rückgängig machen zu können.
Die 14-tägige Frist sei daher vor allem bei Bestandsfahrzeugen anwendbar, schränkt Hamann ein. Hier gelten aber Besonderheiten, etwa die Pflichten des Händlers, wenn dieser an Verbraucher verkauft. So kann sich zum Beispiel das Widerrufsrecht deutlich verlängern, wenn der Onlinehändler seinen Informationspflichten nicht nachkommt.
Habe der Händler den Käufer nicht oder nicht korrekt über das Widerrufsrecht belehrt, verlängere sich das Widerrufsrecht über die übliche Zwei-Wochen-Frist hinaus um weitere 12 Monate, sagt Schnaars.
Grundsätzlich muss der Vertrag schriftlich gegenüber dem Händler widerrufen werden. Es reicht nicht, das Auto einfach nur zurückzugeben.
Wer online kauft, weiß oft, was er oder sie will
Der reine Netzkauf hat aber auch seine Nachteile. Eine Probefahrt etwa ist nicht möglich, zumindest nicht bei dem betreffenden Händler direkt. «So etwas wie Probefahrten muss der Kunde vorher bei einem stationären Händler durchführen und sich dort auch einen Gesamteindruck vom Wunschfahrzeug verschaffen», sagt Markus Bach von der «Auto Zeitung». Onlinekäufer wüssten aber in der Regel sehr gut, wonach sie suchten.
Der Schritt ins Internet zu Verkaufsportalen erfolge in der Regel erst dann, wenn die Entscheidung für ein bestimmtes Modell schon getroffen sei, so Bach.
Schwarze Schafe entlarven
Allerdings sollten sich Interessenten vorab gut über die betreffende Seite informieren, denn im anonymen Internet sind auch viele schwarze Schafe unterwegs. «Ein seriöses Unternehmen informiert seine Kunden klar und verständlich über seine Identität, die Kaufsache und die Vertragsabwicklung», sagt ADAC-Mann Schnaars.
Hilfreich könne vorab beispielsweise ein Blick ins Handelsregister sein. Auch ein umfassendes Impressum mit Erreichbarkeiten und Ansprechpartnern sowie AGB gehörten zum Standard eines seriösen Webangebots. Nach dem Online-Kauf sollten Angebot und Bestellung zudem ausgedruckt sowie der gesamte Mailverkehr aufbewahrt werden.
Verdächtig sind Schnaars zufolge Verkäufer, die hohe Anzahlungen verlangen. Wichtig zu wissen: «Auch online geschlossene Verträge sind rechtlich bindend», sagt Schnaars. Mit spontanen Äußerungen wie «Ich kaufe das Auto» sollten Interessenten daher auch bei Online-Anbietern vorsichtig sein.
Einen guten Überblick über mögliche Betrugsmaschen im Internet bietet die Website der Initiative Sicherer Autokauf im Internet, der unter anderem der ADAC, Mobile.de, Autoscout24 und die Polizei angehören.
Rabatte können möglich sein
Preislich kann sich der Netzkauf durchaus lohnen. «Das hängt aber auch davon ab, ob es sich um eine Plattform wie Carwow handelt, bei der mehrere Händler involviert sind, oder ob der Wagen online direkt beim Hersteller oder Händler gekauft wird», sagt Hamann.
Bei Vermittlerplattformen wie Carwow bieten verschiedene Händler ihre Modelle an. Interessierte können dann vergleichen und mit den Angeboten auch ihre stationären Händler vor Ort konfrontieren.
«Diese Online-Plattformen sind im Grunde Vergleichsportale wie wir sie auch für Gas, Strom oder Versicherungen kennen», sagt Markus Bach. Für Kunden bedeute das mehr Transparenz bei den Preisen. Denn viele Autokäufer wüssten gar nicht, dass Rabatte von 20 Prozent und mehr durchaus üblich seien.
«Häufig kann so eine Online-Abfrage auch regional begrenzt werden, so dass der Kunde dann mit einem Klick die Angebote verschiedener Händler aus seiner Umgebung auf dem Tisch hat», sagt Bach.
Einheitliche Preise
Wird der Neuwagen hingegen online direkt bei einem Hersteller gekauft, hat das Hamann zufolge meist keine günstigeren Preise zur Folge: «Die Verhandlungsmöglichkeiten sind dann auch nur sehr gering.» Die Hersteller würden zudem dafür sorgen, dass die Online-Preise immer die gleichen seien.
Aufgrund des fehlenden Wettbewerbs zwischen Händlern sei daher bei Marken wie Tesla auch kein Preisruck zu beobachten. «Das Preisniveau wird stabilisiert und hochgehalten», sagt Thomas Hamann.
Autohersteller, die ausschließlich auf den Online-Vertrieb setzen, haben es den Experten zufolge meist sehr schwer. «Marken wie etwa Polestar setzen auf einen Mix. Dort steht immer noch das Volvo-Kundendienstnetz dahinter», sagt Bach.
Einige Hersteller aus China wie Lynk & Co hingegen seien nur im Netz präsent, mit überschaubaren Verkaufszahlen. Der Hersteller Aiways habe es über eine Kooperation mit der Elektronikkette Euronics und der Werkstattkette ATU versucht. Aber auch dieses Modell hat Bach zufolge bislang keinen Durchbruch gebracht.
Ist der Preis auch wirklich der letzte Preis?
Wer bei seiner Suche online einen guten Preis gefunden hat und über das Netz auch kaufen möchte, sollte vorher genau prüfen, ob weitere Kosten entstehen.
«Ein anfänglich attraktiver Preis kann sich am Ende auch als Lockangebot entpuppen, zu welchem noch Gebühren wie hohe Überführungskosten et cetera hinzukommen, die auf den ersten Blick nicht zu erkennen sind», sagt Alexander Schnaars.
Beim Online-Neuwagenkauf gilt: Immer ganz genau informieren und gründlich schauen. Dann aber könne auch mal ein gutes Angebot dabei sein.
© dpa-infocom, dpa:220725-99-151147/2 (Von Claudius Lüder, dpa)