Schwerte..

Es ist wahrlich kein Anglerlatein. In der Ruhr waren mal Lachse heimisch – und das nicht zu knapp. Lang ist’s her, über 100 Jahre. Da existierten Fanggründe, nach denen sich der Anglerverein Schwerte und Umgebung heute sehnt. Doch als er aus der Taufe gehoben wurde, war es um den Fluss, der einer ganzen Region ihren Namen gibt, mehr als miserabel bestellt. Was heute noch vielerorts die Emscher darstellt, war einst die Ruhr: eine Kloake, ein Gewässer, das bei Hellem und auch im Dunkeln besehen einen solchen Namen kaum verdient hatte. Und genau das war die Geburtsstunde des besagten Vereins, der jetzt seinen 75. Geburtstag feiert.

Es handelte sich um eine Handvoll Petrijünger, die auszog, sich um den Umweltschutz verdient zu machen, als noch niemand dieses Wort kannte, sagt Vorsitzender Brieke. Aber es sollte auch noch Jahre dauern, bis die Ruhr die Qualität erlangte, mit der sie sich heute empfiehlt, aus ihr Trinkwasser zu gewinnen. Erst nach und nach sollte es gelingen, die Zahl der so genannten Schmutzeinleiter zu verringern. Mit härteren Umweltgesetzen und strengeren Kontrollen bemühen sich inzwischen die Umweltbehörden, den Firmen einen Riegel vorzuschieben, die ihren Dreck samt schmutziger Abwässer in die Ruhr spülen wollen. Dass das noch immer nicht lückenlos funktioniert, zeigen die Skandale aus jüngster Zeit. Stichworte: PFT, Tofu.

Derweil sich die Aufsichtsämter bemühten, die Ruhr rein werden zu lassen, sahen sich die Angler einer misslichen Ausgangslage ausgesetzt: Die Wehre in der Ruhr und die Staustufen blockieren eine natürliche Verbreitung der Fische, erläutert Brieke. Laiche können sich nicht in die Richtungen fortbewegen, die fürs Überleben wichtig wären. Fachkreise frotzeln schon mal, die Schwerter würden an einer Badewanne sitzen, schließlich sei doch der Wasserfluss sowohl nach Osten als auch nach Westen begrenzt. Doch die Schwerter lassen sich nicht aufziehen, kümmern sich lieber um die Aufzucht der Fische. Wenn sie nun mal in ausreichender Zahl fehlen, dann bleibt noch der Fischimport als Variante. Von A wie Aal bis Z wie Zander reicht die Namensliste der Arten, die sich mit Hilfe des Menschen Lebensräume zurückerobert haben.

Dabei entscheidet der Verein nicht nach Gutdünken, sondern nach festen Plänen, „um das ökologische Gleichgewicht nicht zu stören“, betont Brieke. Unter anderem müsse man bedenken, dass die Auswahl der Fische sich unmittelbar auf die heimische Vogelwelt auswirke. „Das haben wir durchaus im Blick. Vorwürfe, Angeln könne schon vom Grundsatz her nichts mit Umweltschutz gemein haben, hält er für unsinnig. „Allen Seitenhieben zum Trotz verstehen wir unsere Aufgabe vor allem als Hüter der Natur“, betont Brieke. „Wir sind seit Jahren Bachpaten für den Loh- und Gehrenbach, haben 1980 den ersten Umweltpreis der Stadt Schwerte erhalten.“ Zudem befreien Angler das Ufergelände der Ruhr von Unrat und Dreck, den Menschen hinterlassen haben, ergänzt der Vorsitzende, der damit auch das Bild, das man gemeinhin von Anglern hat, korrigiert. Sie sitzen nicht nur stundenlang am Ufer und warten, bis ein Fisch angebissen hat, sie greifen auch selbst zu, weil sie ihr Engagement als Dienst an der Natur verstehen.

Im Jubiläumsjahr sind sie zusätzlich gefordert, da das Vereinsheim rundum erneuert werden muss. Ein Teil wurde schon abgerissen und wieder neu aufgebaut, der andere erfährt derzeit seine komplette Instandsetzung. Doch noch sind die Angler längst nicht fertig. „Wir machen das ja alle nur nach Feierabend. Das dauert eben“, sagt Friedhelm Zschegel, einer der fleißigen Helfer und selbst viele Jahre selbst im Vorstand. Dass sich die Arbeiten hinziehen, hat auch mit dem Umstand sinkender Mitgliederzahlen zusammen. 400 waren es zu Spitzenzeiten, heute gehören 230 zum Verein. Ein harter Kern sei trotzalledem geblieben, der sich um alles kümmere. Bis Ende August wollen die Angler unbedingt fertig sein, denn dann soll beim Tag der offenen Tür das generalüberholte Vereinsheim der Öffentlichkeit präsentiert werden. Bis dahin fließt noch viel Wasser die Ruhr hinab, die in naher Zukunft nach dem Willen des Ruhrverbandes auch Lachsen wieder einen Lebensraum bieten soll. Die Angler wird’s freuen, auch wenn sie vorerst auf diesen Fisch verzichten müssen. Er ist nämlich unter Schutz gestellt.