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Die Politik als Showbühne. Nicht erst die Guttenbergs haben es verstanden, Privates politisch zu nutzen. Eine Analyse.

Hinter jedem erfolgreichen Mann steht immer eine starke Frau. So weit die Re­densart. Bisweilen bleibt sie jedoch nicht nur im Rücken ihres mächtigen Gatten, sondern steht plötzlich neben oder vor ihm – und stellt ihn gar in den Schatten. Gewollt. In der Politik ist dieses Phänomen nicht erst seit der Afghanistan-Reise des Ehepaars zu Guttenberg zu beobachten.

Dass First Ladys Waisenhäuser besuchen oder Kindergärten eröffnen, ist nicht neu. „Doch mit der wachsenden Bedeutung der Medien hat auch die Wichtigkeit der Politikergattinnen zugenommen“, sagt Hans-Martin Schönherr-Mann, Professor für politische Philosophie an der Uni München. Der amerikanische Präsident Barack und seine Frau Michelle Obama sowie Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy und seine Frau Carla Bruni sind die jüngsten Beispiele dafür, wie sich Politik und Show vermischen. Vom legendären Duo John F. und Jackie Kennedy ganz zu schweigen.

Große, schöne Frauen

Große, schöne und gebildete Frauen geben der drögen Politik einen Hauch von Glamour. Sie überstrahlen die Krisen und Katastrophen, mit de­nen ihre Männer zu kämpfen haben. „Sie dienen dazu, das Vertrauen in die Politik zu stabilisieren, wenn es der Politiker allein nicht schafft“, so Schönherr-Mann. Da die Re­gierenden in einer medialisierten Welt immer weniger in der Lage seien, die Erwartungen der zunehmend auf Partizipation drängenden Wähler zu er­füllen, werden Nebenkriegsschauplätze geschaffen. Die In­szenierung als Ablenkung.

Ganze Kerle

Während die einen Staatsmänner mit ihren Frauen strahlen, gibt es die andere Sorte, die zur Inszenierung nur sich selbst benötigen.Allen voran schreitet Russlands Premierminister Wladimir Putin, der sich wahlweise oben ohne auf einem Pferd reitend oder einen Tiger rettend präsentiert. Um seinem Ma­cho-Image jedoch einen zarten Anstrich zu verleihen, spielte er kürzlich auf einer Gala Klavier und sang sogar live „Blueberry Hill“.Der ehemalige US-Präsident George W. Bush setzte lieber ganz auf die Harte-Kerl-Karte. Entweder zeigte er sich in Kampfpiloten-Montur auf einem Flugzeugträger oder er ließ sich mit Cowboyhut auf dem Kopf Holz hackend auf seiner Ranch ablichten.Doch die Masche ist alt. Als schweißtropfender Ar­beiter setzte sich schon Italiens „Du­ce“ Benito Mussolini für die Massen in Szene. Der Faschist ließ im ganzen Land Plakate aufstellen, die ihn als Erntehelfer, Fallschirmspringer oder Athleten zeigten. Genau diese Massen brachten Mussolini 1945 allerdings um.

Während in Berlin im Zwischenbericht der Regierung die dramatische Lage in Af­ghanistan vorgestellt wird, speist der Baron samt Gattin Seit’ an Seit’ mit den Soldaten in der Feldküche und lässt sich im Anschluss von Schmuse-Talkmaster Johannes B. Kerner vor einem Militärhubschrauber interviewen. Tolle Bilder, die den Bericht landauf landab in den Zeitungen und Sendungen verdrängt haben. „Wenn das mal keine Absicht gewesen ist. Solche Termine sind lange gesetzt“, so der Forscher.

Stoiber und Clinton

Karl-Theodor zu Guttenberg ist jedoch nicht der erste CSU-Politiker, der sich von der in den Vereinigten Staaten entstandenen Personalisierung der modernen Politik etwas abgeschaut hat. Als in den USA Bill und Hillary als „The Clintons“ zu Zeiten von Bills Präsidentschaft gemeinsam Familienpolitik betrieben, hatte auch Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber seine Ehefrau Karin für den Wahlkampf entdeckt. So lä­chelten in Bayern „Die Stoi­bers“ von den Litfaßsäulen. Der Versuch, sich als emanzipierte Partnerschaft zu präsentieren. Modern statt kon­ser­vativ.

Einen Imagewandel me­dien­wirksam zu inszenieren, ist jedoch schwierig. Medien-Liebling ist man – oder nicht. Das musste auch der als langweilig geltende Amtsvorgänger Guttenbergs, Rudolf Scharping (SPD), erfahren. Sein verliebtes Geplansche mit Gräfin Pilati im Pool auf Mallorca wurde 2002 zum me­dialen Eigentor. Ernst nahm ihn keiner mehr, seinen Posten als Verteidigungsminister war er auch bald danach los.

Spiel mit dem Risiko

Ein solcher Patzer ist Guttenberg bisher nicht unterlaufen. „Er operiert sehr ge­schickt“, sagt Hans-Martin Schönherr-Mann. Gleichwohl gehe er mit der sich steigernden Personalisierung der Politik auch ein Risiko ein. „Er muss den Medien immer wieder etwas Neues bieten. Wenn das nicht mehr passiert, kann seine Beliebtheit schnell vorbei sein.“ Dann zählen wieder Inhalte.