Schwerte.
Manchmal muss alles ganz schnell gehen bei Petra Riße. Wenn ein markiger Alarm die Feuerwache an der Lohbachstraße durchdringt, können nicht einmal zehn Pferde geschweige denn ein gewichtiger Zeitungsreporter die Frau aufhalten. Dann ist löschen angesagt. Oder retten. Schlimmstenfalls bergen. Petra Riße ist nämlich die einzige hauptamtliche Feuerwehrfrau in Schwerte. Genauer: Feuerwehrbeamtin. Noch genauer: Oberbrandmeisterin.
Schon seit 20 Jahren verrichtet die 49-Jährige ihren Dienst in der Hauptamtlichen Wache an der Lohbachstraße. Seit 20 Jahren nahezu alleine unter Männern. Ein Problem? Nein, weder für sie noch für ihre Kollegen. Lassen wir die Emanzipation nur einen Moment außen vor: Petra Riße steht ihren Mann, leistet überzeugende Arbeit. Beim Löschen. Im Rettungsdienst. In der Brandschutzerziehung. Sie liebt ihren Beruf. Nein, falsch! „Feuerwehrfrau oder –mann zu sein ist eine Berufung“, sagt sie.
Wichtiger sind da nur noch ihre beiden Kinder. 14 Jahre alt das Mädchen, zwölf der Junge. „Beide stehen schon an erster Stelle“, erklärt die getrennt lebende, aber nicht allein erziehende Frau. Natürlich wird sie als Mutter gefordert, aber auch sonst ist ihr Privatleben ausgefüllt. Sie trifft sich gerne mit Freunden und Bekannten, zieht sich aber auch mal mit einem guten Buch zurück. Seit 18 Monaten spielt sie Klavier. Klimpern nennt sie das. Doch die Lachfalten auf ihrer Nase verraten, dass dieses Wort ihre Ansprüche nicht so ganz wiedergibt. Immerhin nimmt sie Unterricht. Und wenn sie auf ihrem Klavier spielt, „ist das Entspannung pur“.
In ihrem Leben hat sie viel Sport getrieben. Das sieht man ihr an. Petra Risse ist schlank, gut trainiert. Dass Kuchen oder Eis mit Sahne und Eierlikör zu ihren Lieblingsspeisen gehört, lässt sich nicht die Weinbrandbohne ahnen. Radtouristik hat sie früher beim Radsportverein in Wellinghofen betrieben. Auch geschwommen ist sie gerne. „Als Kind war ich sogar in einem Verein“, blickt sie zurück. Und heute? Frühschwimmen im Elsebad? Sie schmunzelt. „Ins Elsebad gehe ich auch, aber eigentlich nur zum Quatschen“. Joggen hingegen ist ihre sportliche Passion geblieben. „So oft wie es geht“, sagt sie – aber nicht mehr so weit wie einst. „Früher bin ich unter zwölf Kilometer gar nicht nach Hause gekommen“.
Petra Riße wurde am 31. Januar 1962 in Frankfurt geboren. Über Krefeld ging es nach Bigge-Olsberg. Dort besuchte sie die Schule, wechselte mit elf Jahren auf eine Dortmunder Realschule. Nach ihrem Abschluss wurde sie Arzthelferin, hat als solche gearbeitet und bekam über den arbeitsmedizinischen Dienst der Stadt Dortmund erste Kontakte zur Feuerwehr. Irgendwann reifte der Entschluss, es mal mit einer Bewerbung in Schwerte zu probieren. Die notwendigen Tests bestand sie mit Bravour, und so wurde vor 20 Jahren aus der Arzthelferin Petra Riße die Feuerwehrbeamtin Petra Riße.
Diese Entscheidung hat sie nie bereut, auch wenn nicht immer alles erfreulich war und ist, was sie in ihren Dienstjahren gesehen hat und noch sehen wird. Sie war vor Ort, als bei einem Unfall auf der A1 zwei Menschen starben, die beiden Kinder des Ehepaares aber überlebten. „Das hat mich mitgenommen“, verrät sie, „das Schicksal der beiden Kinder hat mich sehr bewegt“. Ansonsten kann sie aber auch die notwendige und wichtige Distanz wahren. „Die Verantwortlichkeit für diese Geschehnisse liegt nicht bei uns, wir werden ja erst gerufen, wenn etwas passiert ist“, klärt sie auf. Zudem „reden wir im Kollegenkreis über Geschehenes“ – auch eine Form von Bewältigung. Alleine die Möglichkeit, anderen Menschen helfen zu können, „ist ein gutes Gefühl und war mein Antrieb, zur Feuerwehr zu gehen“.
In der nächsten Woche wartet eine ganz besondere Aufgabe auf die Oberbrandmeisterin. Dann schlüpft sie in die Rolle der Brandschutzerzieherin und vermittelt am Mittwoch und Donnerstag Kindern der Albert-Schweitzer-Schule alles Wissenswerte rund um den Umgang mit Feuer, über die Wichtigkeit von Rauchmeldern und Kinderfindern und über den Sinn von Wassereimern in der Nähe brennender Kerzen.
Sicher wird sie dann wieder ein Dankesschreiben aus Kinderhand erhalten – ohne Frage die schönste Form des Lobes. Ein Dankeschön hängt an der Wand in der Feuerwache: „Liebe Frau Riße, die Klasse 3c der Heidegrundschule sagt: Herzlichen Dank“.
Ja, liebe Frau Riße, herzlichen Dank auch für unser Gespräch!