Söder wird zum Öko, Aktivisten besetzen das RWE-Betriebsgelände, die Republik tickt grün. Warum mehr Ehrlichkeit der Debatte gut täte.
Wie kopflos die Kohle-Debatte inzwischen geführt wird, zeigt das Überholmanöver von Markus Söder an die Spitze der grünen Bewegung. Der bayerische Ministerpräsident verlangt eine Abschaltung der Kraftwerke schon bis 2030. Vermutlich treibt ihn weniger das ökologische Gewissen als vielmehr das Geschäftsinteresse seiner Gas-Kraftwerke und der Neid auf die Kohle-Länder, die 40 Milliarden Euro Subventionen des Bundes erhalten.
Es wäre ja nichts dagegen zu sagen, dass die Republik plötzlich grün tickt, der Sturm des RWE-Betriebsgeländes zur Spielart legitimen Protests verniedlicht wird und sich selbst die Union eilig auf öko zu schminken versucht. Nur wäre es ehrlicher, wenn Söder & Co. beherzt für den ambitionierten Kohle-Ausstieg arbeiten würden: Leitungen für Erneuerbare bauen, sichere und bezahlbare Stromversorgung für die Industrie organisieren oder Tausenden Arbeitnehmern die Angst vor Job-Verlust nehmen. Außerdem könnte man den Bürgern erklären, dass Deutschland nur für drei Prozent des weltweiten Co2-Ausstoßes verantwortlich ist und selbst dieser Anteil nur deutlich verringert wird, wenn jeder bei sich anfängt. Mal sehen, ob die CSU bei Flugverboten oder C02-Steuer applaudiert.