Berlin.. Mehr als 25 Kinofilme und unzählige Oscarnominierungen: Martin Scorsese gilt als einer der einflussreichsten Filmemacher des zeitgenössischen Kinos. Auf seinen ersten Regier-Oscar ließ man ihn aber lange warten. Scorsese liefert übrigens nicht nur Stoff für Cineasten, er ist selbst einer: Er besitzt das wohl größte private Filmarchiv der USA.

Dieser Mann lebt für die Filmkunst. Mit seiner World Cinema Foundation kümmert sich Martin Scorsese um den Erhalt von Leinwandklassikern. Er selbst besitzt das wahrscheinlich größte private Filmarchiv der USA, und mit seinem letzten Regiewerk "Hugo Cabret" setzte er dem Kinopionier Georges Méliès ein filmisches Denkmal. Nicht zuletzt aber ist Martin Scorsese längst selbst zu einer Ikone für Cineasten geworden. Am Samstag feierte der Regisseur, Produzent und Gelegenheitsschauspieler sizilianischer Abstammung seinen 70. Geburtstag. Auf seinen ersten Regie-Oscar musste der 1942 im New Yorker Stadtteil Queens geborene Scorsese recht lange warten.

Erst 2007 - nach fünf Nominierungen - wurde ihm die längst überfällige Trophäe für das Mafia-Drama "The Departed: Unter Feinden" überreicht. Verdient hätte er diese Ehrung schon für manch anderen seiner über 25 Kinofilme, vom Boxerdrama "Wie ein wilder Stier" über "Die Farbe des Geldes" bis zu dem Thriller "Shutter Island". Zu seinem umfangreichen Werk gehören auch Musicalproduktionen, Musikdokumentationen und sogar Popvideos, wie der legendäre 18-Minuten-Clip zu Michael Jacksons Song "Bad".

Durchbruch mit "Taxi Driver"

Die Liebe zum Film hatte der Sohn sizilianischer Einwanderer zwar schon als Kind für sich entdeckt, aber erst einen anderen Berufsweg verfolgt. Zwei Jahre besuchte er zunächst ein Priesterseminar, bevor er sich entschloss, das Studium der Filmwissenschaften aufzunehmen. Sein Spielfilmdebüt "Wer klopft denn da an meine Tür?" (1967) allerdings geriet zu einem finanziellen Desaster. Seinen Lebensunterhalt musste Scorsese danach als Lehrer an einer Filmhochschule verdienen.

Der Umzug von New York nach Kalifornien Anfang der 70er Jahre brachte für Scorsese die entscheidende Wendung. Er freundete sich mit Steven Spielberg, Francis Ford Coppola und George Lucas an und wurde mit ihnen Teil des New Hollywood. Seine 1973 entstandene New Yorker Milieustudie "Hexenkessel" wurde von Kritikern gefeiert und war der Beginn einer intensiven Zusammenarbeit mit dem Schauspieler Robert De Niro.

Drei Jahre später gab es für den gemeinsamen Film "Taxi Driver" die Goldene Palme in Cannes. Scorsese zählt seitdem zu einem der wichtigsten Regisseure Hollywoods. Er ist dabei jedoch stets ein Autorenfilmer geblieben, der für Herzensprojekte immer wieder auch große Risiken einging - sei es der Jesus-Film "Die letzte Versuchung Christi" oder "Aviator", seine Filmbiografie über den Flug- und Filmpionier Howard Hughes.

In gleichem Maße künstlerisch wie kommerziell erfolgreich war Scorsese vor allem mit seinen Mafia- und Gangsterdramen wie "Good Fellas" und "Gangs of New York", aber auch der hochgelobten US-Fernsehserie "Boardwalk Empire". Lange Zeit habe er gedacht, er sei einer, der alles inszenieren könne, vom Genrefilm bis zum Theaterstück, sagte Scorsese in einem Interview mit der "Hamburger Morgenpost".

"Im Haus meiner Eltern gab es kein einziges Buch"

"Aber ich komme nicht aus einem literarischen Umfeld: Im Haus meiner Eltern gab es kein einziges Buch. Und ich habe erkannt, dass meine Filme nur von Dingen handeln sollten, mit denen ich mich wirklich auskenne", begründete Scorsese seine Affinität zu diesen besonderen Stoffen.

Der Einfluss italo-amerikanischer Banden in den USA, der Missbrauch von Macht, die Verlockung des Geldes, die chancenlose Menschen zu den Gangs zog - all das sei Teils seiner Lebensrealität als Jugendlicher in Lower East Side von New York gewesen. Auch in seinem nächsten Film wird er womöglich wieder davon erzählen. Im kommenden Jahr sollen die Dreharbeiten zu seiner Filmbiografie über den US-Entertainer Frank Sinatra beginnen, der enge Kontakte zum organisierten Verbrechen gepflegt haben soll. )dapd)