Aachen..

Im Prozess gegen die Gewaltverbrecher, die im November aus der Justizvollzugsanstalt Aachen ausgebrochen waren, hat ein früherer Mithäftling ausgesagt. Er wirft der Gefängnisleitung Versäumnisse vor.

Ein ehemaliger Mithäftling der beiden Schwerverbrecher Michael Heckhoff und Peter Paul Michalski hat am fünften Verhandlungstag im Prozess um deren Gefängnisausbruch als Zeuge ausgesagt. Der inzwischen aus der Justizvollzugsanstalt (JVA) Aachen entlassene Hilfsarbeiter erklärte am Dienstag vor dem Landgericht Aachen, er sei nach einem Tag Hafturlaub am Abend des Ausbruchs mit einem Taxi vor der JVA vorgefahren. Nachdem er ausgestiegen sei, seien Heckhoff und Michalski für ihn völlig überraschend ins Taxi eingestiegen.

Von der geplanten Flucht habe er nichts gewusst, seine Rückkehr zum gleichen Zeitpunkt sei purer Zufall gewesen. Die Polizei hatte anfangs vermutet, dass der 36-Jährige den beiden Ausbrechern geholfen haben könnte. Die Vorwürfe hatten sich jedoch nicht erhärten lassen.

Zu den Zuständen in der JVA Aachen erklärte er, er habe sich dort aus den „meisten Angelegenheiten“ herausgehalten. Die Betreuung durch die JVA-Bediensteten sei jedoch in den letzten Jahren immer schlechter geworden, es habe zu wenig Personal gegeben. Außerdem habe es einen florierenden Drogenhandel gegeben.

Neben dem früheren Mithäftling der beiden Hauptangeklagten wurde auch erstmals eine der Geiseln als Zeuge gehört. Es handelte sich dabei um den 45-jährigen Taxifahrer, der die Ausbrecher vor der JVA Aachen als vermeintliche Fahrgäste aufgenommen hatte. Der Mann erklärte, er sei von Heckhoff und Michalski mehrfach mit Schusswaffen bedroht worden. Beide hätten ihm erklärt, er sei jetzt ihre Geisel, sie hätten nichts zu verlieren. Mehrfach hätten sie ihre Waffen auf ihn gerichtet und auch durchgeladen. „Sie haben mir gesagt: Wenn Du überleben willst, bleib ruhig“, erklärte der Taxifahrer, der nach eigenen Angaben bis heute nicht wieder im Dienst ist.

Geisel leidet bis heute

Er habe seit der Tat Angst in der Dunkelheit und befände sich in therapeutischer Behandlung bei einer Psychiaterin. Heckhoff und Michalski hätten ihn gezwungen, bis zu einer Gaststätte in Kerpen zu fahren. Hier hätten beide ein anderes Taxi gerufen. Anschließend hätten sie den Taxifahrer aus Aachen gezwungen, mit ihnen in das herbeigerufene Taxi zu steigen. Sie hätten ihm sein Geld, sein Handy und seinen Autoschlüssel abgenommen. Erst kurz vor Erreichen des Kölner Hauptbahnhofs hätten sie ihn freigelassen und ihm 25 Euro für die Heimfahrt mit dem Zug gegeben. Der Taxifahrer erklärte, er hätte Todesangst gehabt, noch immer würden ihn Alpträume plagen.

Die Verteidiger hielten das für übertrieben. Er habe in seinen Befragungen immer wieder unterschiedliche Angaben gemacht und dramatisiert. Während der Verhandlung waren der Zeuge und die Anwälte des Angeklagten Heckhoff immer wieder aneinandergeraten. In einer Verhandlungspause mussten Wachleute und Polizisten eingreifen, um Handgreiflichkeiten zu verhindern. Der Richter vertagte die weitere Vernehmung des Taxifahrers daraufhin auf einen der nächsten Verhandlungstage.

Heckhoff und Michalski waren Ende November 2009 aus der JVA Aachen geflohen. Auf ihrer Flucht hatten sie in Köln, Essen und Mülheim an der Ruhr mehrere Geiseln genommen. Heckhoff war am vierten Tag der Flucht in Mülheim gefasst worden, sein Komplize Michalski zwei Tage später auf einem Fahrrad in Schermbeck am Niederrhein.

Im Prozess wird den beiden Schwerverbrechern Menschenraub, Erpressung und Geiselnahme zur Last gelegt. Ein mitangeklagter JVA-Bediensteter muss sich unter anderem wegen Gefangenenbefreiung und Bestechlichkeit verantworten. 17 Verhandlungstage sind angesetzt, das Urteil soll Mitte Juli verkündet werden. (ddp)