Das war sicher kein leichter Gang für Christian Wulff. Doch bei seinem ersten Auftritt als Angeklagter vor Gericht hat der Altbundespräsident deutlich gemacht, dass er in dem Verfahren gewillt ist, um seinen Ruf zu kämpfen. Und nach Lage der Dinge ist es gut möglich, dass Wulff demnächst mit einem Freispruch in der Tasche aus dem Verfahren in Hannover herauskommen wird.
Ist es überhaupt sinnvoll und angebracht, einem früheren Ministerpräsidenten und Bundespräsidenten wegen 750 Euro und des Verdachts auf Vorteilsnahme den Prozess zu machen? Richtig ist: Die Höhe der Summe allein ist für ein solches Verfahren nicht entscheidend. Politiker, vor allem wenn sie wie seinerzeit Wulff an herausragender Stelle in Regierungsverantwortung stehen, haben die Pflicht, schon den Anschein jeglicher Mauschelei zu vermeiden.
Trotzdem ist das Verfahren mit nahezu 50 Zeugen unverhältnismäßig. Die Staatsanwaltschaft, die in der Sache Wulff extrem akribisch ermittelte (um es freundlich ausdrücken), hätte auf eine Anklage verzichten sollen.
Sie wollte offenbar zeigen, dass sie einen hohen Politiker nichts anders behandelt als jeden anderen Bürger auch. Dabei schossen die Ankläger übers Ziel hinaus – kein Normalbürger wäre für 750 Euro mit einem solchen Mammutverfahren überzogen worden.
Wulff hat es versäumt, klare Grenzen zu ziehen
Christian Wulff hat sich als Politiker verheddert in einem Geflecht aus Kumpaneien, Gefälligkeiten und Abhängigkeiten. Er hat es versäumt, klare Grenzen zu ziehen zwischen politischem Geschäft und Privatleben. Er hat sich mit Leuten umgeben, die dieses Gebaren noch förderten, statt ihren Chef vor der Gefahr verschwimmender Grenzen zu warnen. Und er hat es versäumt, als die Vorwürfe aufkamen, diesen mit eindeutigen Erklärungen entgegenzutreten, stattdessen flüchtete er sich in laue Formulierungen.
Auch deshalb ist der „Fall Wulff“ eher eine politische als eine juristische Angelegenheit. Christian Wulffs Rücktritt als Bundespräsident war unvermeidlich. Der Prozess war es nicht.