Wacken..

1850 Einwohner und 75.000 Heavy-Metal-Fans. Am Wochenende hatte der größte Rock 'n' Roll-Zirkus der Welt seine Zelte aufgeschlagen:das Wacken Open Air. Eine dreitägige Party im Norden der Republik, die mittlerweile weit mehr ist als nur ein Festival.

Ein bierbäuchiger Mann hat sich seiner Kleidung entledigt und trägt nur noch einen Schottenrock – und einen Baumstamm in seinen Händen. Den versucht er mit aller Kraft zu werfen, kommt aber nicht allzu weit. Nur zwei Meter weiter kracht der Stamm auf die Erde. Macht nichts, das Publikum johlt. Im Zelt nebenan kracht auch etwas auf den Boden, doch dieses Mal ist es ein Mensch. Ein Catcher, der gerade den Showkampf gegen seinen muskelbepackten Gegner verloren hat. Das Publikum johlt. Es wird wieder johlen, wenn ein wenig später an gleicher Stelle Frauen bei der Stripshow nackte Haut zeigen werden.





Moment. War hier nicht von einem Heavy-Metal-Festival die Rede, von lauter, harter und schneller Musik? Ja, durchaus. Die Szenen spielen sich auf dem Mittelalter-Markt des Wacken Open Air ab. „Ein Angebot, das wir im vergangenen Jahr getestet haben und das gut beim Publikum ankam“, sagt Chef-Organisator und Festival-Gründer Thomas Jensen. Deshalb ist der Markt auch dieses Jahr aufgebaut worden und breitet sich auf 20.000 Quadratmetern aus. Eine kleine Fläche, verglichen mit dem gesamten Areal. Das Wacken Open Air erstreckt sich über eine Fläche, die Platz für 270 Fußballfelder böte. Es gilt größtes und bestes Metal-Festival der Welt. Als Party der Superlative, als Jahrmarkt des härtesten Musikgenres. Zum mittlerweile 21. Mal.

Drei Tage wird durchgefeiert

Mehr als 90 Bands spielen in Wacken am ersten Augustwochenende, darunter Größen der Szene wie Iron Maiden, Alice Cooper oder Slayer. Alles, was Rang und Namen hat, ist auf dem seit Monaten restlos ausverkauften Festival zu sehen und zu hören. Pausen gibt es kaum, selbst zu nachtschlafender Zeit dröhnt es von den Bühnen. Nur ein paar Stunden, nachdem die letzte Band gespielt hat, geht es vormittags weiter. Das ist ganz nach dem Geschmack des Publikums. Drei Tage lang wird lautstark durchgefeiert – auch mitten im Dorf Wacken. Dort haben sich die Vorgärten der Bewohner in Biergärten verwandelt, viele Wackener nehmen aktiv am Festival teil, bieten Getränke oder Snacks an.

Das war nicht immer so. Als vor 15 Jahren das erste Mal mehr als 20.000 Zuschauer zum Festival kamen, brach heilloses Chaos aus. Der Weg zum einzigen Festival-Zugang führte mitten durch das Dorf, die Bewohner wurden von den bisweilen martialisch aussehenden Besuchern förmlich überrannt. „Wir haben unsere Türen und Fenster verrammelt“, erinnert sich eine Anwohnerin.

Sicherheitskonzept funktioniert

Solche Szenen spielen sich längst nicht mehr ab, stattdessen werden Türen und Fenster für die Besucher geöffnet. Das Festival ist allen Bereichen durchorganisiert, selbst bei der An- und Abreise gibt es keine Staus. Durchorganisiert ist auch die Sicherheit auf dem Gelände. Selbst wenn es bei den Auftritten von Iron Maiden oder Slayer sehr eng werden kann, wenn sich über 75.000 Besucher vor der Bühne drängen – eine Katastrophe wie die in Duisburg könne sich beim Festival nicht wiederholen. „Das Publikum kann in fast alle Richtungen ausweichen, innerhalb einer Minute können wir das gesamte Gelände öffnen“, sagt Festival-Sprecherin Britta Kock. Und so hat Sicherheitschef Thomas Hess am Ende des Festivals nicht viel zu vermelden. „Die Zahl der Einsätze ist sogar rückläufig. Auf jedem mittelgroßen Stadtfest gibt es mehr Verletzte.“