Menschen fallen sich in die Arme, weinen vor Glück. Am 9. November 1989 geschieht endlich das, was viele schon nicht mehr zu hoffen gewagt hatten. Die Berliner Mauer fällt. Zum Auftakt unserer Serie “Der Weg zum Mauerfall“ dokumentieren wir, wie vor 25 Jahren alles begann.

Vor 25 Jahren bröckelte das DDR-Regime. Hunderttausende demonstrierten auf den Straßen. Andere flüchteten sich in die bundesdeutschen Botschaften in Prag, Warschau und Budapest, um ihre Ausreise zu erzwingen. Am 9. November fiel die Mauer. Wir werden die historische Wende in den nächsten Wochen immer wieder zum Thema machen in der Serie "Der Weg zum Mauerfall". Und so fing es an:

Das Drama von Prag

4000 DDR-Bürger sind bis Ende September in die bundesdeutsche Botschaft in Prag geflohen. Sie campen dort in miserabler Enge. Bei der UNO in New York spricht der Bonner Außenminister seinen Sowjet-Kollegen an. Schewardnadse fragt: „Sind Kinder in der Botschaft?“ Genscher: „Ja.“ Da gibt Moskau grünes Licht für die Ausreise, die Genscher auf dem Botschafts-Balkon am Abend des 30. September mitteilt – eine Schlüsselszene des Mauerfall-Jahres. Sechs Züge rollen über DDR-Gebiet ins bayerische Hof.

Gorbatschow in Ost-Berlin

Die DDR wird am 7. Oktober 40 Jahre alt. SED-Chef Honecker – seit einer Gallenkolik gesundheitlich angeschlagen – will eine Jubelfeier und Massenaufmärsche. Doch längst setzen Montagsdemonstranten überall im Land andere Akzente. Zur Geburtstagsfeier reist Michail Gorbatschow aus dem Kreml an, mahnt den Gastgeber zu Reformen: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben!“ Die SED-Führung ahnt: Kommt es zum Aufstand, wird die Rote Armee nicht eingreifen. Am 17. Oktober stürzt „Kronprinz“ Egon Krenz Erich Honecker aus dem Amt.

Montagsdemos in Leipzig

Leipzig ist das Zentrum der Unruhe in der DDR.Für den 9. Oktober rufen die Bürgerrechtler zur Massendemo. Honecker will sie mit Gewalteinsatz verhindern. Aber die zweite Reihe der SED mahnt, das gehe nicht mehr. Am „Tag der Entscheidung“ ziehen 70.000 Menschen durch die City. Eltern haben sich abgesprochen, dass nur einer mitgeht. Man will „keine Waisen hinterlassen“. Doch anders als kurz zuvor, als in Dresden die Polizei wild drauflos prügelte, bleibt es in Leipzig bei gespannter Ruhe. Pfarrer Führer sagt: „Der liebe Gott marschierte mit.“

Ansturm in Unna-Massen

Wohin mit den Flüchtlingen? Es ist das große Thema im Westen im Herbst 1989. Das zentrale Aufnahmelager Unna-Massen ist zum Bersten voll. In Düsseldorf werden Rheinschiffe als Ausweichquartiere gemietet. Zu den 121.000 Spätaussiedlern aus Polen und der Sowjetunion, die seit Januar eingereist sind, kommen Übersiedler der DDR. 100.000 sind es bis Herbst. Am 23. Oktober trifft der erste Trabi mit einem Dresdner Paar im Außenlager Lünen ein. Die beiden sind wie 60.000 andere via Ungarn geflüchtet.

Kohls Probleme

In Bonn beobachtet die Bundesregierung genau die Ereignisse im Osten. Aber Bundeskanzler Helmut Kohl hat 1989 auch zu Hause Ärger. Die CDU verliert bei allen Landtagswahlen an rechte Parteien. Parteifreunde wollen gegen den kranken Kanzler „putschen“. Da stellt er, auch zur eigenen Rettung, das Thema DDR und insgeheim die Einheit ins Zentrum seiner Politik. Kohl hat im Juni mit Sowjetführer Gorbatschow und vertraulich mit der ungarischen Regierung geredet. Am Ende hat er ein Signal: Die Deutschen dürfen selbst sagen, wie sie in Zukunft leben wollen. Die Kohl-Gegner in der CDU werden von der Geschichte überrollt.

MauerfallDie Berliner Mauer fällt

Ost-Berlin. 9. November 1989. Die Fluchtbewegung hält an. Der Druck muss aus dem Kessel. Die SED-Führung entwirft mit schneller Hand eine „Reiseregelung“. Widersprüchlich, erlaubt sie den DDR-Bürgern aber „Privatreisen ins Ausland“. „Unverzüglich“ gelte sie, sagt Politbüro-Mitglied Günther Schabowski den Journalisten. Um 22.42 Uhr meldet ARD-Mann Hanns-Joachim Friedrichs Vollzug: „Die Tore der Mauer sind weit geöffnet.“ Das stimmt noch nicht. Doch viele Ost-Berliner hören es, pilgern zu den Übergangsstellen: „Aufmachen!“ 23.30 Uhr: DDR-Oberstleutnant Harald Jäger öffnet den Übergang Bornholmer Straße. Die Mauer ist gefallen.