Herne.. Eine Klinik für psychisch kranke Straftäter eröffnet in Wanne-Eickel. Wie unbeliebt die Einrichtung bei den Hernern ist, zeigt auch die Reaktion von Oberbürgermeister Schiereck zur heutigen Einweihung der Forensik.

Wie ungeliebt diese Klinik bis heute ist, lässt sich auch daran erkennen, dass es Hernes Oberbürgermeister Horst Schiereck (SPD) absolut nicht drängt, heute deren offizielle Eröffnung mit zu vollziehen. Natürlich hat er einen anderen Termin, natürlich lässt er sich durch den Bürgermeister vertreten. Aber allein das spricht für sich. Herne tut sich bis heute schwer mit jener Maßregelvollzugsklinik, die sie durch alle Instanzen bis zum Bundesverwaltungsgericht bekämpft hat.

Die Ungeliebte liegt in Wanne-Eickel, tief im Gelände der einstigen Zeche Pluto. Umgeben von einer 5,50 Meter hohen Mauer erinnert sie eher an ein Gefängnis als an ein Krankenhaus. Ein Haus für 90 psychisch kranke Straftäter. Im Jahr 2000 geplant, damit es als eine von sechs Einrichtungen die überfüllten Kliniken im westfälischen Eickelborn und in Bedburg-Hau entlastet. 100 Mitarbeiter, Ärzte, Therapeuten und Pfleger sind hier ab Februar beschäftigt. Sie sollen Straftätern, die bei ihren Taten nicht schuldfähig waren, weil sie unter Psychosen oder Persönlichkeitsstörungen leiden, therapieren, wiedereingliedern in die Gesellschaft.

Das war ein Weh und Ach, eine Empörung, als bekannt wurde, dass ausgerechnet im Stadtteil Wanne-Eickel diese Klinik gebaut werden sollte. „Warum ausgerechnet bei uns?“, fragten die Herner, fragten besonders die Anwohner, und Horst Schiereck, ihrem Oberbürgermeister, will das bis heute nicht einleuchten. Aber das Bundesverwaltungsgericht hatte es 2007 für richtig erklärt, spätestens da fügte man sich ins Schicksal.

„Doch viele Herner grollen wohl bis heute: ‘Mit uns kann man es ja machen’!“, sagt Karsten Herbers, der als Diakonie-Pfarrer Vorsitzender des Planungsbeirates ist. Sechs Jahre habe er sich intensiv mit dem Thema Forensik befasst, in­zwischen redeten er und alle Mitglieder des Rates nicht mehr von Gefangenen und Zellen, sondern von Patienten und Zimmern. „Doch die Ängste der Anwohner sind menschlich. Sie fürchten vor allem die Freigänge der Patienten, denen man dies nach fortgeschrittener Behandlung zu­traut“, sagt Herbers.

Auch Ute Franz, die ärztliche Leiterin der Klinik, weiß um das Misstrauen. Gerade deshalb lädt sie am Wochenende zu Tagen der offenen Tür. „Wir wollen zeigen, dass wir hier sehr verantwortungsvoll arbeiten“, sagt Ute Franz. Und im Zweifel werde man immer „zu Ungunsten des Verurteilten“ entscheiden. Es gebe auch Leute, denen ihr Leben lang in einer Forensik keine Lockerung gewährt werde.

Zahl der Plätze im Maßregelvollzug fast verdoppelt

Der Blick durch die vergitterten Fenster endet immer und überall an der immensen Betonmauer. Drinnen sind die Stationen hell und freundlich eingerichtet mit zweckmäßigem Mobiliar, das Gefangene in Justizvollzugsanstalten ge­tischlert haben. Gewohnt wird in Wohngruppen von zehn Personen, in Doppel- und Einzelzimmern. Neben verschiedenen Therapien geht es da­rum, den simplen Alltag zu bewältigen. Waschen, kochen, putzen, Körperpflege.

Sieben bis acht Jahre ist die durchschnittliche Verweildauer bis zur Entlassung, die dann in eine jahrelange Nachsorge münden kann. Doch ein Drittel der Patienten verlässt die Forensik nie mehr, so Uwe Dönisch-Seidel, der Landesbeauftragte für den Maßregelvollzug. Mit den neuen Einrichtungen - die letzte wird im Sommer in Münster eröffnet - ist die Zahl der Plätze im Maßregelvollzug von 1100 auf 2000 erhöht worden. Dönisch-Seidel meint, dass der Widerstand im Land gegen forensische Kliniken in den letzten Jahren dank verbesserter Aufklärung abgenommen hat.