Lünen.. Während die Wiedereinführung des Lüner KFZ-Kennzeichens näher rückt erklärt der Tourismusmanagement-Experte Prof. Dr, Ralf Bochert, was das für die Stadt bringen würde.


Stimmt der Bundesrat zu, was kaum in Frage steht, wird ab Spätherbst „LÜN“ nicht mehr nur Oldtimer kennzeichnen. Es sei vielleicht nicht das wichtigste Thema der Welt, bemerkt Prof. Dr. Ralf Bochert im Gespräch mit unserer Zeitung, aber die Zulassung der alten Autokennzeichen „ist total sinnvoll“.

Sie erlaube den Städten, kostenlos eine Marke zu transportieren. Auf Berliner Straßen vermutlich wenig wirksam, aber hier, im regionalen Umfeld. Tests mit Studenten hätten ergeben: „Städte mit eigenem Kennzeichen werden als größer wahrgenommen.“ Eine Frage der Gravitation sozusagen. Und, nichts gegen Unna, aber Lünen sei doch nun einmal auch die größte Stadt im Kreis. Mit seinen Heilbronner Studenten war der Tourismusmanagementexperte mit Lehrstuhl auf Lüner Straßen unterwegs und fand heraus, dass 75 Prozent der Befragten, darunter viele junge Leute, das LÜN-Nummernschild als Alternative wollten.

Den Vorwurf von Provinzmief, Heimattümelei oder Lokalpatriotismus weist Bochert locker zurück. „Wer will, kann ja bei UN bleiben.“ Es gehe um sowohl/als auch, nicht um entweder/oder. Identifikationsräume seien aber offenbar kleiner als Kreise und Landkreise, denen man eher unemotional begegne. Noch ehe das Hochschulprojekt entstand, war Bochert auf den Fall Völklingen gestoßen. Die Mittelstadt im Regionalverband Saarbrücken konnte nach der Gebietsreform in den 70er-Jahren das Kennzeichen VK retten, VK wurde ein Marketingthema, „interessante Geschichte“, sagt Bochert.

Dass aus der „Heilbronner Initiative Kennzeichenliberalisierung“ eine Bewegung würde, deren Empfehlungen politische Entscheidungen auf Bundesebene hervorzurufen vermochten, damit hätte er keineswegs gerechnet, gesteht er. „Eisbrecher“ wie Gladbeck und Bocholt seien nicht vorhersehbar gewesen. Über 200 Städte sind beteiligt. Das Land NRW hat, wie just in dieser Zeitung berichtet, die Liste der Städte, die ihr meist im Zuge der Gebietsreform Mitte der 70er Jahre abgeschafftes LÜN, WAT, CAS und MO usw. wiederhaben wollen, an den Bund weitergereicht. Eine neue Verordnung ist nötig.

In Wetzlar hat man das Vorgehen beschleunigt, weiß Bochert. Das alte WZ ist nach 35 Jahren ab 1. Juli wieder am Markt. „Am ersten Tag standen da 700 Menschen auf der Matte.“ Sollte ähnliches in Lünen geschehen: Kreis-Pressesprecherin Constanze Rauert bleibt gelassen. „Unna hat gesagt, wir sehen das positiv, Kennzeichenänderungen bzw. Umkennzeichnungen sind Tagesgeschäft, das ist ja nix anderes, es braucht keine besondere Schulung, kostet halt eine Gebühr.“ Wie groß der Andrang sein werde, darüber möge sie nicht spekulieren, das hänge ab von der Lüner Mentalität.

Ob zehn LÜN-Autos oder hunderte auf den Straßen als Imagewerbung rollen, egal. Da sei keine Kampagne nötig, sagt Prof. Dr. Ralf Bochert. „Das kommt von allein.“ Auch bei jenen Städten, die vorerst draußen bleiben müssen, wie Bocholt, das sich mit BOH parallel zu BOR im Kreistag nicht durchsetzen konnte, sei noch nicht das letzte Wort gesprochen. Es gebe vermutlich einen „Dominoeffekt“.