Die Veröffentlichung der gesammelten Diplomatenpost der USA ist sicher spektakulär. Ungewohnt offen kann nun jeder lesen, wie arrogant die Vertreter einer Supermacht über die Mächtigen anderer Staaten herziehen.
Doch wirklich neu sind die meisten Berichte nicht. Jeder Zeitungsleser weiß, dass Guido Westerwelle als deutscher Außenminister einen schlechten Start hatte. Überraschend ist nur, dass auch die USA-Diplomaten dies so sahen.
Tatsächlich sind die veröffentlichten Dokumente eine Sammlung von Desastern in der öffentlichen Darstellung einer Supermacht. Der Schaden sollte aber nicht überbewertet werden.
Wenn die Sicherheitsvorkehrungen in den Datennetzen so schwach waren, dass ein 23-jähriger Mann alle Dokumente kopieren konnte, wie die US-Militärs behaupten, dann wird jeder halbwegs funktionierende Geheimdienst der Welt die Daten schon lange kennen.
Unverantwortlich handelt Wikileaks nicht, weil Dokumente veröffentlicht werden. In einer Demokratie sollte niemand Angst vor der Wahrheit haben. Unverantwortlich handelt Wikileaks, weil Informanten der US-Regierung in Diktaturen öffentlich werden und an den Pranger kommen. Die Angst der Informanten um ihr Leben wird nicht durch die Bekanntgabe von Halbgeheimnissen gerechtfertigt.