Essen. Die Bundesregierung gibt den Ländern freie Hand bei der Innenstadt-Abgabe für Autofahrer. In einigen europäischen Städten wird das Modell bereits genutzt. Nun will Hamburg nachziehen, Nordrhein-Westfalen bisher nicht. Im Prinzip würde auch die Pkw-Maut auf den Autobahnen funktionieren.
Das Geld wird knapper - auch für die Ausgaben in Instandhaltung und Ausbau der Verkehrswege in Deutschland. Die Finanzlücke bei den Verkehrsprojekten des Bundes etwa wird auf etwa zwei bis vier Milliarden Euro jährlich geschätzt. Und dieser Umstand gibt der Debatte um die Pkw-Maut neuen Auftrieb.
Gerold Wucherpfennig (CDU), der Vorsitzende der Konferenz der Länderverkehrsminister, sagte der WAZ: „Die Diskussion über die Pkw-Maut und auch über eine City-Maut ist nicht vom Tisch.” Voraussetzung für eine Ausweitung der heutigen Lkw-Straßengebühr auf Pkw sei aber, dass die Autofahrer im Gegenzug bei der Kraftfahrzeugsteuer und der Mineralölsteuer entlastet würden, so der Verkehrsminister Thüringens. Experten glauben, dass die Diskussion nach der Bundestagswahl in Gang kommt.
Im Herbst will auch Hamburg darüber beraten, ob es nach dem Vorbild von Bergen (Norwegen) und London die City-Maut einführt. Die Hansestadt will so den CO2-Ausstoß eindämmen und die Verkehrsstaus reduzieren. Die Möglichkeit einer City-Maut sieht der Koalitionsvertrag vor, den in Hamburg CDU und Grüne unterschrieben haben. Mit einer Entscheidung sei 2010 zu rechnen, sagte ein Senatssprecher der WAZ.
Die Bundesregierung gibt grundsätzlich grünes Licht für die Einführung einer solchen kommunalen Straßengebühr. Die Länder dürfen „in eigener Zuständigkeit eine City-Maut für Kommunal- und Landesstraßen einführen”, heißt es in der Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf eine Anfrage der Grünen.
Tatsächlich werden kommunale Straßengebühren in Europa immer häufiger erhoben: Im norwegischen Trondheim (drei Euro pro City-Fahrt) und in Bergen, in Groß-London (zwölf Euro), auch in Budapest und mehreren italienischen Städten. In Rom ist die Altstadt gleich ganz für den privaten Pkw-Verkehr gesperrt worden.
Bundesregierung: "Eine unnötige Erschwernis"
Die Bundesregierung selbst will die City-Maut nicht empfehlen. Sie sagt, dies könne „in nur geringem Umfang zur Lösung von innerstädtischen Verkehrsproblemen beitragen”. Die im Ausland praktizierten Modelle seien eine unnötige Erschwernis des freien Güter- und Personenverkehrs. Die Senkung des CO2-Ausstoßes sei anders erreichbar, ein besseres Verkehrsmanagement auch. Mehrere Untersuchungen sind dazu in Arbeit.
Es geht aber auch um die Pkw-Maut auf Autobahnen. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) ist mit seinem Vorstoß, eine jährliche Gebühr von 100 Euro nach dem Vignetten-Vorbild der Schweiz ins Wahlprogramm der Union zu schreiben, zwar gescheitert. Er steht mit der Forderung aber nicht allein.
Bedingung: Die Steuern müssen runter
Spätestens seit 2007, als sich die Länderverkehrsminister zuletzt mit dem Thema befassten, ist klar: Eine große Minderheit, vor allem süd- und ostdeutsche Bundesländer, steht der Einführung offen gegenüber, wenn gleichzeitig Kfz- und Mineralölsteuer sinken. NRW lehnte die Pkw-Maut bisher immer ab.
Das Vignetten-System, wie es der bayerische Ministerpräsident will, würde drei bis vier Milliarden Euro in die Staatskasse spülen – in etwa der Betrag, der die Lücke füllen würde, die bei der Realisierung des heutigen Bundesverkehrswegeplans klafft. Technisch ist noch mehr machbar.
Kosten der "Onboard-Unit" würden sinken
Entgegen anderen Behauptungen funktioniert sogar das Modell der Lkw-Maut für die Erhebung einer Pkw-Straßengebühr, sagt der Mautbetreiber Toll-Collect. Lkw zahlen keinen Einmalbetrag, sondern pro gefahrenem Kilometer. Elektronisch wird über ein kleines Gerät, die „Onboard-Unit”, abgebucht. Dieses Gerät, heute 500 Euro teuer, könne bald für 250 Euro angeboten und in Pkw eingebaut werden, sagen Toll-Collect-Experten. „Der ganze Komplex bedarf der politischen Entscheidung.”
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