Es gibt kein Unternehmen im Oberhaus der deutschen Wirtschaft, das sich in ähnlich misslicher Lage befindet wie Thyssen-Krupp. Zwölf Milliarden Euro haben die Stahlwerke in den USA und den brasilianischen Mangroven-Sümpfen bisher gekostet. Das ist ein Drittel mehr, als das Unternehmen heute an der Börse wert ist. Je nach Verkaufserlös für die Werke kann das Debakel zu einer beispiellosen Wertevernichtung von fünf bis zehn Milliarden Euro führen. Dass die Eigentümer Anspruch auf restlose Aufklärung der Verantwortung haben, ist die pure Selbstverständlichkeit.
Man fragt sich allerdings, wie der Konzern nach Aufarbeitung der Vergangenheit die Zukunft meistern will. Vorstandschef Hiesinger räumt tapfer auf: mit alten Strukturen, die sich durch ruhrbaronenhafte Verselbstständigung einzelner Konzernbereiche auszeichneten. Eine Unternehmenskultur soll her, die aus Thyssen-Krupp ein gemeinsames Ganzes mit klaren Verantwortlichkeiten macht. Wie schwer das ist, zeigen allerhand Durchstechereien, die wiederum eine Beschäftigung mit der Vergangenheit auslösen: Die guten (oder schlechten) Sitten in der Führung der Geschäfte stehen auf dem Prüfstand. Die Firma steckt in einem gefährlichen Umbruch.