Frankfurt/Main. Der Autovermieter Sixt hat Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt zur Werbefigur auserkoren. Das Unternehmen knüpft mit seiner Kampagne an die Dienstwagen-Affäre an. Das Ministerium äußerte sich am Mittwoch nicht dazu.

Strahlend lächelnd blickt Ulla Schmidt in die Kamera. Freut sie sich so, weil ihr gestohlener Dienstwagen wieder aufgetaucht ist? Nein, die Gesundheitsministerin hat einen Entschluss gefasst: «Versprochen: Nächstes Mal miete ich bei Sixt.» So sieht es zumindest der Autovermieter. Das Unternehmen nahm Schmidts Dienstwagenaffäre sofort zum Anlass, mal wieder mit ironisch-pfiffiger Werbung auf sich aufmerksam zu machen, die das Konterfei einer ins Gerede gekommenen Politikerin benutzt.

Nach zwei Anzeigenmotiven mit Schmidt im Internet (»Mit dem Dienstwagen in Urlaub? Es gibt Sixt doch auch in Alicante! Inklusive Diebstahlversicherung.») folgten am Mittwoch zwei weitere Motive in überregionalen Tageszeitungen, eine davon sogar doppelseitig. Auch Wettbewerber Europcar hatte am Montag eine Presseerklärung veröffentlicht, in der es hieß: «Nicht nur für Gesundheitsminister: Europcar bietet hochwertige und günstige Mietwagen in Spanien.»

Gesundheitsministerium äußerte sich nicht

«Sixt ist bekannt für und legt Wert auf Werbung, die unkonventionell ist und Aufmerksamkeit erregt», sagte ein Sixt-Sprecher der AP. Mit solchen Kampagnen wolle man sich abheben von Einheitswerbung: «Wir setzen auf kesse, ironische, manchmal auch provozierende Werbung, die schmunzeln lässt und klare Botschaften für die Kunden enthält.»

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt als Werbefigur.
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt als Werbefigur. © Unbekannt | Unbekannt





Wie die für ihren Humor bekannte Ministerin auf die Werbung reagiert, ist nicht bekannt: «So etwas kommentieren wir nicht», teilte ihr Ministerium mit. Das lässt vermuten, dass die SPD-Politikerin nicht dagegen vorgehen wird, dass ihr Bild ohne Genehmigung für Werbezwecke verwendet wird. Schließlich weiß sie aus den Erfahrungen von Kollegen, dass ein juristischer Sieg nicht unbedingt zu erwarten wäre - wie der frühere SPD-Minister Oskar Lafontaine erfahren musste, der gegen eine Sixt-Werbung bis vor den Bundesgerichtshof zog und verlor. «Aber die allermeisten der Politiker, die sich in unseren Kampagnen wiederfinden, nehmen es mit Humor», erklärt der Sixt-Sprecher.

Sixt war auch mit Angela Merkel

So wie Bundeskanzlerin Angela Merkel, die vor acht Jahren ebenfalls zum Sixt-»Opfer» wurde. Damals blickte einem aus doppelseitigen Werbeanzeigen für Sixt-Cabrios zweimal das Gesicht der CDU-Vorsitzenden entgegen - zunächst mit normaler Haartracht und der Frage «Lust auf eine neue Frisur?», dann mit wild nach allen Seiten abstehenden Haaren. «Ich sehe das gelassen», sagte Merkel damals in einem Interview. Juristisch werde sie nicht dagegen vorgehen, «aber ich finde, Frau Sixt könnte mich als Wiedergutmachung einmal zu einer Cabriofahrt einladen». Von allen Witzen über ihre Frisur sei die Sixt-Werbung «sicherlich ein Gag der intelligenteren Sorte».

Auch Merkels Vorgänger Gerhard Schröder wehrte sich nicht gegen eine Vereinnahmung als Sixt-Werbefigur: Als im Wahlkampf 1998 Unklarheit über den Kurs des damaligen SPD-Kanzlerkandidaten herrschte, war in einer doppelseitigen Sixt-Anzeige für ein Navigationssystem Schröders Konterfei gleich zweimal abgebildet: einmal nach links, einmal nach rechts blickend. Dazu hieß es, Sixt habe «Autos für Leute, die noch nicht genau wissen, wo sie hinwollen». Die SPD nahm's mit Humor: Wenn der Autovermieter «nicht weiß, wo Schröder hin will, die SPD weiß das», sagte eine Sprecherin damals.

Lafontaine klagte gegen den Autovermieter

Weniger gelassen reagierte Lafontaine, der sich mit Sixt einen sieben Jahre dauernden Rechtsstreit lieferte - und unterlag. Kurz nach dem Rücktritt des damaligen Bundesfinanzministers und SPD-Chefs im März 1999 hatte Sixt Porträts der 16 Bundesminister veröffentlicht und Lafontaines Foto durchgestrichen. Darunter stand: «Sixt verleast auch Autos für Mitarbeiter in der Probezeit.» Lafontaine klagte daraufhin auf 250.000 Euro Lizenzgebühr.

Das Oberlandesgericht Hamburg urteilte, dass Lafontaines Recht am eigenen Bild verletzt worden sei, und sprach ihm 100.000 Euro zu. Allerdings gab der BGH 2006 der Revision von Sixt statt und erklärte, das Foto erwecke nicht den Eindruck, dass Lafontaine für den Autoverleiher werbe. Außerdem sei das Foto Teil einer satirischen Auseinandersetzung mit seinem damals aktuellen Rücktritt.

Joschka Fischer verklagte Springer

Mehr Erfolg hatte Ex-Außenminister Joschka Fischer: Am gleichen Tag, an dem Lafontaine endgültig mit seiner Klage scheiterte, entschied das Hamburger Landgericht, dass der Axel-Springer-Verlag 200.000 Euro an den ehemaligen Grünen-Politiker zahlen muss. Springer hatte als Werbung für die Zeitung «Welt kompakt» Bilder von Prominenten, darunter auch Fischer, so verändert, dass sie als Kleinkinder erschienen. Das Gericht urteilte, der Verlag habe Fischers Rechte am eigenen Bild verletzt und zugleich in sein allgemeines Persönlichkeitsrechts eingegriffen. Springer musste daher so viel Geld an Fischer zahlen, wie bei einer rechtmäßigen Kampagne an Honorar fällig geworden wäre. (AP)