Hamburg (dapd). Der 2001 verurteilte Reemtsma-Entführer Thomas Drach hat in dem neuen Verfahren gegen ihn seinen Hass gegenüber seinem eigenen Bruder abermals untermauert. Wenn Lutz Drach und dessen Komplize Bernd Dieter Kramer "nicht gequatscht hätten, hätte mich die Polizei 1998 nicht gefunden und ich säße heute in Uruguay", sagte Thomas Drach am Montag vor dem Hamburger Landgericht. Dort muss sich der Schwerkriminelle seit Mitte Oktober erneut verantworten. Die Anklage wirft dem 51-Jährigen dieses Mal vor, in Briefen aus dem Gefängnis heraus einen Freund zur räuberischen Erpressung seines Bruders angestiftet zu haben. Der Angeklagte bestreitet dies.

Der Multimillionär Jan Philipp Reemtsma war am 25. März 1996 entführt und 33 Tage lang als Geisel gehalten worden. Thomas Drach war nach Jahren der Flucht 1998 in Argentinien festgenommen und 2001 in Hamburg als Strippenzieher der Tat wegen erpresserischen Menschenraubes zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Er könnte frühestens am 21. Juli 2012 entlassen werden. Der größte Teil des Lösegeldes von damals - 15 Millionen D-Mark und 12,5 Millionen Schweizer Franken - ist nach wie vor verschwunden.

Lutz Drach und Kramer waren 2006 beziehungsweise 2008 wegen Geldwäsche im Zusammenhang mit dem Reemtsma-Lösegeld verurteilt worden. Seit Mai 2009 ist Lutz Drach auf freiem Fuß - mit unbekannten Aufenthaltsort. Wenige Monate zuvor soll Thomas Drach einem Freund und seiner Mutter Briefe geschrieben haben, in denen er laut nun jüngster Anklage versucht hat, zur Erpressung anzustiften. Dabei sollte der Freund nach den Planungen des Angeklagten binnen sechs Monaten 30 Millionen Euro von Lutz Drach erpressen. Zu der Tat kam es nicht, weil Justizbeamte die Briefe abfingen.

Sein Bruder und Kramer seien Schuld, dass er im Gefängnis sitze, sagte Thomas Drach am Montag vor dem Hamburger Landgericht. Die beiden hätten "konspirative Telefone hochgehen lassen". Erst dadurch sei er 1998 geschnappt worden. Mithilfe der ihm nun zur Last gelegten Briefe habe er wissen wollen, was aus dem Lösegeld geworden sei. Schließlich habe sich sein Bruder nicht an Absprachen gehalten. Die Summe von 30 Millionen Euro setze sich aus 15 Millionen Euro Schmerzensgeld sowie einem Dienstausfall von weiteren 15 Millionen Euro zusammen, erklärte Thomas Drach.

Auch wäre es aus Sicht des Angeklagten "gut" gewesen, wenn er vor seinem Bruder entlassen worden wäre: "Dann hätte ich ihn abgeholt und wir hätten uns unterhalten - im Ausland." Auch betonte Drach, dass er an seinen Bruder so viele Ansprüche stellen könne wie, er wolle. Das seien familiäre Angelegenheiten, die weder die Öffentlichkeit noch die Justiz etwas angingen. Ferner sei sein Bruder ohnehin nicht in der Lage, Geld zu beschaffen, nicht einmal eine Million Euro, sagte Thomas Drach, der Lutz Drach für einen "Versager" hält. Er vermute, dass sein Bruder kein Geld mehr aus dem Lösegeld besitze: "Er wäre sonst nicht bei meiner Mutter untergetaucht, sondern weg gewesen."

Nach seiner erhofften Entlassung 2012 möchte Thomas Drach nach Uruguay gehen und den Führerschein machen. Dort sei er "sauber und ohne Straftat".

Am Nachmittag wurde die Aussage des psychiatrischen Gutachters erwartet. Er sollte etwa Auskunft darüber geben, für wie gefährlich er Drach hält.

dapd