Berlin. Er behauptet, jahrelang mit seinem Vater allein im Wald gelebt zu haben. Das Schicksal des Jugendlichen “Ray“, der vor Monaten plötzlich in Berlin auftauchte, stellt die Polizei immer noch vor Rätsel. Mit einem Foto bittet sie nun die Öffentlichkeit um Hilfe.
Aus dem Nichts ist der "Waldjunge Ray" vor neun Monaten in Berlin aufgetaucht. Am 5. September 2011 kam der Jugendliche zum Roten Rathaus und erzählte seine durchaus fragwürdige Geschichte. Circa fünf Jahre habe er mit seinem Vater "Ryan" in der freien Natur gelebt. Von sich selbst wisse der Junge, der überwiegend Englisch und nur ein paar Worte Deutsch sprach, nur seinen Vornamen und dass er am 20. Juni 1994 geboren sei. Trotz umfangreicher Ermittlungen durch die Berliner Polizei und das Jugendamt ist es bisher nicht gelungen, den Jungen zu identifizieren. Die Polizei hat nun ein Foto von "Ray" veröffentlich und hofft auf Hinweise aus der Bevölkerung.
Unter Steinen beerdigt
Mit Kompass und Karte seien "Ray" und sein Vater jahrelang durch die Wälder gezogen, geschlafen hätten sie in Höhlen und Zelten, erzählte der Junge der Berliner Polizei. Über seine Mutter machte er bei den Beamten nur vage Angaben. Sie habe Doreen geheißen und sei bei einem Autounfall ums Leben gekommen, als er zwölf war. An den Unfall konnte sich "Ray" zwar nicht erinnern, er vermute jedoch, dass er sich dabei die Narben in seinem Gesicht zugezogen hat.
Als Ende August 2011 auch sein Vater gestorben sei, habe der Junge ihn im Wald in einer Grube unter Steinen beerdigt. Den Ort des Grabes hat "Ray" laut Polizei weder benennen, noch zeigen können. Auch über die Todesursache habe er keine Angaben gemacht. Die Leiche des mutmaßlichen Vaters wurde bis heute nicht gefunden.
Große Zweifel am Wahrheitsgehalt
Mit dem Kompass sei der Junge Richtung Norden bis in die Hauptstadt gelaufen. Um seine Betreuung hat sich zunächst der Jugendnotdienst gekümmert. Nach einem kurzen Aufenthalt wurde der Jugendliche vom Jugendamt in einer Einrichtung für Betreutes Wohnen untergebracht und bekam ein Vormund.
Die Geschichte des "Waldjungen Ray" gibt Rätsel auf. Das Jugendamt und die Polizei haben großen Zweifel am Wahrheitsgehalt der Geschichte. Deshalb hat sich das Jugendamt dazu entschlossen, ein Foto von "Ray" zu veröffentlichen und die Öffentlichkeit um Mithilfe zu bitten. Trotz des Fotos habe sich noch niemand gemeldet, der den etwa 16 bis 20 Jahre alten Jugendlichen kennt, sagte ein Polizeisprecher am Mittwoch.
Auffällige Narben
Der Junge ist etwa 1,80 Meter groß. Er hat dunkelblonde mittellange Haare, blaue Augen und einen athletischen Körperbau. Seine Fingernägel, Hände und Zähne wirken gepflegt. Auffällig sind mehrere Narben am Kopf und Arm des Jungen. Die Narbe am rechten Arm ist etwa einen Zentimeter lang, im Gesicht hat "Ray" drei Narben auf der Stirn und drei kleine am Kinn. Er spricht überwiegend Englisch, kann lesen und schreiben.
Der Jugendliche kam mit Gepäck nach Berlin. Er trug ein Zwei-Personen-Zelt der Marke "Freetime Alpes 2", einen Schlafsack von "Outwell" und einen Rucksack der finnischen Marke "Kaikkialla" mit sich. Außerdem hatte der Junge saubere Kleidungsstücke, zum Teil auch Winterkleidung, dabei. Um den Hals trug er eine goldfarbene Kette mit einem Anhänger, der den Buchstaben "D" zeigt. Dies sei der Anfangsbuchstabe des Namens seiner Mutter. Wer den Jungen kennt, oder Angaben zur Person machen kann, wird gebeten, sich bei der Polizei zu melden. (mit dapd)