Essen. Unterversorgung durch Pflegekräfte und unbeabsichtigte oder rohe Gewalt in der Pflege sind bei älteren Menschen weit häufiger die Todesursache als es die offiziellen Totenscheine ausweisen. Patienschützer fordern daher bei Todesfällen von Hochbetagten grundsätzlich eine amtsärztliche Leichenschau.

Unterversorgung durch Pflegekräfte und unbeabsichtigte oder rohe Gewalt in der Pflege sind bei älteren Menschen weit häufiger die Todesursache als es die offiziellen Totenscheine ausweisen. Da­von gehen Kriminalwissenschaftler der Polizeihochschule Münster wie auch die Pa­tientenschutzorganisation Deutsche Hospizstiftung aus.

Der Vorsitzende der Dortmunder Patientenschützer, Eugen Brysch, sagte der WAZ: „Wir brauchen bei Todesfällen von hochbetagten Gepflegten grundsätzlich eine amtsärztliche Leichenschau. Dies gilt für die im Heim Verstorbenen wie auch für die, die zu Hause sterben. Das muss gesetzlich geregelt werden.“ Außerdem seien bei der stark steigenden Zahl von Pflegebedürftigen Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften für Delikte in Zusammenhang mit der Pflege nötig.

Letzter Anlass für die Forderung sind Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung gegen zwei Pflegekräfte in Paderborn, die eine 80-jährige demente Frau zu heiß gebadet und tödlich verbrüht hatten. Brysch: „Es kann nicht sein, dass zwei examinierte Pflegerinnen die Pa­tientin ins Wasser lassen, ohne vorher die Wassertemperatur geprüft zu haben.“

Nachlässigkeiten bei der Pflege seien nicht selten, sagt Brysch. Im Fall einer bewegungsunfähigen Frau in einem Herforder Krankenhaus habe man Mausbisse festgestellt. Insgesamt könne man in Deutschland von 750 000 De­kubitus (Wundliege-Fälle) ausgehen. Eine der wichtigsten Ursachen: Pflegefehler.

In dem Report „Sicher leben im Alter?“ hat Prof. Thomas Görgen von der Deutschen Polizeihochschule ermittelt, dass Ältere weniger durch Kriminalität gefährdet sind als Jüngere, dass aber gerade die Pflege eine „bedeutsame Ge­fahrenzone“ darstelle. Nichtnatürliche Todesursachen und Tötungsdelikte würden hier oft nicht entdeckt.

Während keine Statistik über Gewalt in der Pflege geführt wird, gibt der Report Aufschluss. 503 ambulante Pflegekräfte und 245 pflegende An­gehörige wurden befragt. 19,4 Prozent der Angehörigen räumten Formen physischer Misshandlung für einen Zeitraum von zwölf Monaten ein. 39,7 Prozent der Pflegekräfte gaben „wenigstens eine Form kritischen Verhaltens gegenüber Pflegebedürftigen“ zu.