Teheran. Die iranische Polizei ist Augenzeugen zufolge in Teheran mit Schlagstöcken, Tränengas und Wasserwerfern gegen Anhänger der Opposition vorgegangen, die ungeachtet eines Demonstrationsverbots auf die Straße gegangen sind. Rund 3.000 Demonstranten hätten "Tod dem Diktator!" gerufen.
Trotz eines landesweiten Demonstrationsverbots haben sich am Samstag bis zu 3000 Oppositionsanhänger vor der Uni von Teheran versammelt. Besonders heftige Auseinandersetzungen habe es in der Nähe des Revolutionsplatzes gegeben, hieß es. Die Polizei setzte Wasserwerfer und Tränengas gegen die Menge ein, wie Augenzeugen berichten. Polizei und regierungstreue Milizen hätten 50 bis 60 Demonstranten so schwer verletzt, dass sie in das Imam-Chomeini-Krankenhaus gebracht werden mussten, berichteten Augenzeugen der Nachrichtenagentur AP. Einige blutende Demonstranten seien auch von anderen Demonstranten weggetragen worden. Hubschrauber kreisten über der Stadt, die Sirenen von Krankenwagen waren zu hören. Auch aus der Universität von Teheran, die von Bereitschaftspolizei abgeriegelt war, waren die Rufe «Tod dem Diktator!» zu hören, wie es hieß. Der TV-Bericht über die Explosion am Chomeini-Mausoleum konnte zunächst nicht bestätigt werden. Die Regierung hat die Berichterstattung unabhängiger Medien stark eingeschränkt.
Kraftprobe in Teheran
Der geistliche Führer des Irans, Ayatollah Ali Chamenei, hatte am Freitag die Opposition aufgefordert, den offiziell erklärten Wahlsieg von Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad zu respektieren und die Proteste zu beenden. Andernfalls werde sie die Verantwortung für «Blutvergießen und Chaos» tragen müssen. Am Samstag beobachteten Anwohner bereits vor der Kundgebung am Nachmittag ein großes Aufgebot an Sicherheitskräften.
Die iranische Regierung drohte am Samstag Oppositionsführer Mir Hossein Mussawi mit Verhaftung, sollten die angekündigten Demonstrationen stattfinden. Polizeisprecher Ahmad Resa Radan sagte, falls Oppositionsanhänger wieder auf die Straßen gingen, «werden ihre Führer verhaftet». Der Sekretär des Sicherheitsrats, Abbas Mohtadsch, erklärte auf der Webseite des Innenministeriums, Mussawi werde «für die Folgen illegaler Versammlungen» verantwortlich gemacht.
Chamenei hatte sich beim Freitagsgebet demonstrativ hinter den zum offiziellen Wahlsieger erklärten Ahmadinedschad gestellt. Er wies die Vorwürfe des Wahlbetrugs zurück und warnte die Opposition vor weiteren Protesten. Wer das Gesetz breche, werde zur Rechenschaft gezogen. Chamenei hat als oberster geistlicher Führer des Irans laut Verfassung eine praktisch uneingeschränkte Macht.
Rufe „Tod dem Diktator“ von den Dächern
Seit der Bekanntgabe des amtlichen Wahlergebnisses am vergangenen Samstag gehen die Anhänger Mussawis auf die Straße, um für ihren Kandidaten zu demonstrieren. Nach Ansicht von Beobachtern handelt es sich um die bislang größte Herausforderung für die herrschende Elite seit der Islamischen Revolution von 1979. Auf den Web-Seiten der Opposition war zunächst keine Reaktion auf Chameneis Rede zu lesen. Der Protestmarsch in Teheran wurde nicht abgesagt. Am Freitagabend riefen wieder zahlreiche Anhänger Mussawis «Allahu Akbar» (Gott ist groß) von den Dächern ihrer Häuser in Teheran. Auch der Ruf «Tod dem Diktator» war wieder zu hören.
US-Präsident Barack Obama äußerte sich besorgt über den «Tenor und Tonfall» von Äußerungen Chameneis. Der Regierung in Teheran müsse klar sein, dass die Weltöffentlichkeit die derzeitigen Vorgänge aufmerksam beobachte, sagte Obama am Freitag in einem CBS-Interview. Die Art des Umgangs mit «Menschen, die mit friedlichen Mitteln versuchen, sich Gehör zu verschaffen», werde zeigen, «was der Iran ist und was er nicht ist». (ap)
(ap/afp)